Nach über sechs Wochen im Amt sprach RS mit dem 36-jährigen Diplom-Betriebswirt über seine ersten Tage bei den Kleeblättern. Jörg Lange, wie haben Sie sich in Oberhausen eingelebt?
Sehr gut, da kann ich mich sicher nicht beschweren. Wobei ich mit dem Start und dem Pokalaus nicht sofort das große Glück hatte. So etwas hilft dem Finanzvorstand nicht wirklich und hatte entsprechende Maßnahmen zur Folge. Aber die folgenden Ergebnisse in der Liga erleichtern die Arbeit zum Start. Wie kam man eigentlich auf Sie? Ich wollte aus Berlin eigentlich gar nicht weg, weil ich dort den Marketingbereich komplett übernehmen sollte. Daher kam die RWO-Offerte zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Aber die Möglichkeit, den kaufmännischen Geschäftsführer zu geben und eventuell in den Vorstand zu kommen, war sehr verlockend. Nach dem ersten Gespräch hatte ich ein klasse Gefühl. Denn es macht nur Sinn, wenn viele Dinge passen, die Menschlichkeit muss gegeben sein. Daher war mir wichtig, dass ich alle handelnde Personen kennenlerne und der erste Eindruck hat sich immer mehr gefestigt. Ich sehe das hier nun als große Herausforderung.
Haben Sie denn schon einen Überblick über alle Zahlen im Verein? Ich schaue bei den Zahlen nicht groß zurück. Ich habe mich aber mit allen Gegebenheiten zum großen Teil auseinandergesetzt. Und ich bin sehr zuversichtlich, dass alles sehr gut aufgestellt ist.
In Liga zwei mussten Vereine wie Bielefeld, Aachen oder 1860 München abspecken. Wie sehen Sie die finanzielle Lage bei RWO? Ohne ins Detail gehen zu wollen kann man sagen, dass ich beruhigt schlafen gehen kann. Gerade Liga zwei zeigt aufgrund der genannten Beispiele wie Aachen oder Bielefeld, dass es Schwierigkeiten gibt, die es zu meistern gilt. Es gibt vielfältige Herausforderungen seitens der DFL, aber auch des eigenen Vereins, was man bieten muss oder aus eigener Sicht auch will. Daher ist es mir wichtig, dass ich hier den handelnden Personen vertrauen kann. Denn es bringt nichts, wenn hier jemand am großen Rad drehen will. Wir müssen einfach bodenständig und zuverlässig handeln. Natürlich begibt man sich in einen gewissen Spagat, weil man den größtmöglichen sportlichen Erfolg erzielen möchte und gleichzeitig eine finanzielle solide Basis.
In den letzten Jahren hat man den Klub schrittweise konsolidieren können. Wie sieht es voraussichtlich im Jahr 2010 aus, wo das negative Eigenkapital nicht vergrößert werden darf? Und was bedeutet das Pokalaus finanziell?
Im letzten Jahr sind viele Dinge strukturell umgesetzt worden, die durch das DFB-Pokalspiel gegen die Bayern möglich waren. Die spielen in diesem Jahr keine Rolle mehr. Und bei der Lizenzerteilung wird die DFB-Pokalrunde nicht beachtet. Trotzdem hat das Aus eine Folge. Als Verein müssen wir schauen, wie die Weiterentwicklung, die man vornehmen wollte, nun zu überdenken ist, was sofort noch machbar ist und was geschoben werden muss.
Sind sportlich gesehen zum Beispiel Wintertransfers somit ausgeschlossen? Da ist der Thomas Dietz von der Kaderplanung gut aufgestellt. Wenn sich aber viele Spieler verletzen sollten, muss man sicher reagieren. Daher werden wir uns keine Option nehmen. Wir können auf eine gute Konsolidierung zurückgreifen, daher ist es auf dem Niveau, auf dem wir uns bewegen, immer möglich zu reagieren.
Wo sehen Sie RWO denn finanziell im Vergleich zu den anderen 35 Erst- und Zweitligisten? Wir müssen uns sicher nicht verstecken, auch wenn wir uns auf einem anderen Niveau bewegen, aber das ist jedem bekannt. Denn beim Thema Zuschauereinnahmen oder Sponsoring haben wir sicher noch viel Luft nach oben. Wenn Sie Ihre Arbeit mit der in Berlin vergleichen: Sind die Unterschiede sehr groß? Absolut, Berlin hat eine ganz andere Medienlandschaft. Wenn dort der Busfahrer Geburtstag hat, dann steht das in der Zeitung. Dort kämpfen drei Boulevards und sechs oder sieben Tageszeitungen um Neuigkeiten. Das ist hier ein ganz anderes Leben. Ich finde das aber durchaus charmant, denn man kann hier in Ruhe arbeiten.
Welche Entwicklungsmöglichkeiten sehen Sie bei RWO? Gibt es noch Potenzial nach oben oder sollte man sich lieber darauf konzentrieren, auf Dauer diese Klasse zu sichern? Träumereien sind sicher vermessen. Sportlich ist die Geschlossenheit die Stärke unserer Elf. Wenn man das beibehält, gibt es genug Beispiele, was alles im positiven Bereich passieren kann. So erleben wir es derzeit, dass man mehr Aufmerksamkeit im Erfolgsfall bekommt. Und das bedeutet auch Potenzial, was Vermarktungsmöglichkeiten angeht. Dem wollen wir uns nicht verschließen, aber jeder hier weiß, dass Liga zwei für RWO konsolidiert und gesichert werden muss, damit es nicht bei jedem Saisonstart heißt: zu den ersten Abstiegskandidaten gehört RWO.
Es gab Statistiken, nach denen man in jeder Liga eine gewisse Summe zur Verfügung haben muss, um die Klasse dauerhaft zu sichern. RWO liegt mit seinem Etat klar darunter für Liga zwei. Wie soll es trotzdem gelingen, den Verein im Bundesliga-Unterhaus zu etablieren?
Zunächst beweisen wir es jetzt im dritten Jahr, was möglich ist. Ich denke, es ist tatsächlich die Andersartigkeit, die RWO Tag für Tag lebt und die Geschlossenheit, die die Mannschaft auszeichnet, die hilft, vieles zu kompensieren. Ich finde es zum Beispiel erstaunlich, wie sich gleich kleine Gruppen bilden, wenn bei einem Spiel der Halbzeitpfiff ertönt und vieles untereinander geregelt wird. Man sieht, die Gruppe ist intakt und dann kommt ein Trainer hinzu, der völlig unaufgeregt arbeitet. Das ist sicher das Erfolgsrezept und wenn man das weiterlebt, dann kann man auch mit den Möglichkeiten hier vor Ort die Liga auf Dauer halten. Man muss ja auch die Entwicklung bei den anderen Teams im Kopf behalten. Denn dort sieht man, was passieren kann, wenn man den Bogen überspannt.