Sogar die oft 13-köpfige Gruppe fideler Rentner, die sonst immer kommt und meistens was zu nörgeln hat, hat sich auf drei Personen reduziert. Nur noch wenige Leute interessieren sich momentan für die Trainingseinheiten des MSV Duisburg. Trotz Sonne und dementsprechend angenehmen Temperaturen schauten am gestrigen Vormittag nur elf Menschen vorbei, als sich die Zebras auf das nächste Heimspiel gegen Energie Cottbus (Sonntag, 15 Uhr, MSV-Arena) vorbereitete "Dann muss was kommen", sagt Fan Knut Kawski, der eigentlich immer dabei ist, wenn es gilt, den MSV zu unterstützen.
Weil die Mannschaft ihre Anhänger aber zuletzt im Stich ließ, grassiert in Meiderich wieder die Abstiegsangst. Vier Spieltage vor dem Saisonende ist der MSV nur noch vier Zähler vom 15. Platz, der den Gang in die Regionalliga bedeuten würde, entfernt. Und weil der jüngste Trend deutlich negativ ist, bezeichnen viele die Situation als besorgniserregend.
Norbert Meier nimmt die Ängste - und den Frust - der Anhänger ernst. Im Anschluss an das heutige Nachmittagstraining wird der MSV-Coach gemeinsam mit seinem Assistenten Heiko Scholz sowie den Spielern Markus Kurth, Dietmar Hirsch und Rob Maas zur Arena fahren, um dort mit einer Delegation diverser Fan-Clubs zu reden. Meier hat im Vorfeld des Meetings nicht nur das branchenübliche Verständnis für die Fans, der Trainer erhofft sich fruchtbare Ergebnisse. Einerseits sei es ganz gut, wenn die Spieler nicht nur aus dem Mund des Trainers hören, auf welch schlechtem Niveau sie spielen. Auf der anderen Seite soll das zahlende und zitternde Publikum mit internen Gründen vertraut gemacht werden. "Das soll keine Bittstellerei sein, ich erwarte aussagekräftige Kritik", sagt Meier.
Es ist unwahrscheinlich, dass die anwesenden Fans dem Trainer ins Gesicht sagen, dass er bitte verschwinden soll. In diversen - nicht repräsentativen - anonymen Internet-Foren fordern etwa 90 Prozent den Kopf Meiers. "Es geht nicht um mich, sondern um den Verein", sagt Meier und will damit ausdrücken, dass es nicht nur am Sonntag die Unterstützung der Mannschaft im Vordergrund stehe. Beim jüngsten 1:4 in Mainz streckten MSV-Anhänger den Profis ihren nackten Hintern entgegen. Meier greift dieses Bild gerne auf. "Wir müssen uns den Arsch aufreißen. Wenn das gelingt, stehen die Fans auch hinter uns", sagt der Coach und bemüht eine Redewendung, die Oliver Kahn neulich veröffentlichte: "Eier, wir brauchen Eier." Seinem Team will er das in dieser Form bereits mitgeteilt haben. Bereits zum Wochenbeginn zeigte er dem Kader das komplette Video des Mainz-Spiels und fand klare Worte. "Zu einigen bin ich beleidigend geworden", erzählt der Coach, der aber eines verhütet: "Ich werde die Mannschaft nicht öffentlich nieder machen. Das wäre ein falsches Signal." Stattdessen vertraut er auf Motivationskünste, die ich andere absprechen. Wird die Ansprache am Sonntag vor dem Spiel laut oder leise ausfallen? "Weder noch, ich mache etwas ganz Neues", sagt Meier.
Er sieht die Zebras auf einem besseren Weg als noch vor einem Jahr. Was fehlt, seien alleine die Konstanz und punktuelle Verstärkungen. Persönlichkeiten eben, wie sie der bereits verpflichtete Kölner Dirk Lottner eine ist. "Daran müssen wir anknüpfen", meint Meier, der noch weitere Neuverpflichtungen auf dem Zettel hat. Der von Hansa Rostock an den VfL Osnabrück ausgeliehene Marcel Schied ist einer davon. "Wir haben noch ein paar Spieler in der Pipeline", sagt der Coach, der von seinem Boss Walter Hellmich volle Rückendeckung erhält. "Wenn ich meinen würde, ich müsste Konsequenzen ziehen, würde ich das machen. Aber das ist nicht der Fall", glaubt Hellmich.
Wenn der Trend wieder nach oben geht und Cottbus bezwungen wird, wäre das Thema sowieso hinfällig. Ob das Team dazu jetzt in der Lage ist, muss es beweisen. Beim gestrigen Training ging es betont still zu. Keiner hat gelacht, keiner flachste oder machte einen Witz. Ruhig wurden die Einheiten absolviert. "Ich habe keinem ein Lachverbot erteilt", lässt Meier wissen und erklärt die Stille mit einem hohen Maß an Konzentration, das nun wichtig sei. "Hoffen wir mal, dass das reicht", sagt Knut Kawski, der am Sonntag natürlich im Stadion sein wird. "Alles für den MSV", lacht der Fan. Wenn die Einstellung stimme, können schließlich Berge versetzt werden - auch wenn es im niederrheinischen