Auch wenn man aus der Bundeshauptstadt mit leeren Händen die Heimreise antreten musste, gab es doch einige Erkenntnisse, die Coach Hans-Günter Bruns gewinnen konnte. „Die Mannschaft hat nach dem Pokalaus die von mir erwartete und geforderte Reaktion gezeigt“, sagte er nach der Partie, aber: „Wir haben uns durch individuelle Fehler selbst um den Lohn gebracht. Das ist enttäuschend, aber trotzdem war ich mit der Leistung meiner Mannschaft zufrieden.“
Sein Gegenüber Markus Babbel sprach von einem „dramatischen Spiel für die Zuschauer“. Dass die „Kleeblätter“ dazu überhaupt in der Lage sind, davon konnte man nach dem unrühmlichen Ausscheiden aus dem DFB-Pokal nicht ausgehen. Bruns: „Wir haben gezeigt, was wir wirklich können. Wir haben sehr gut dagegengehalten und der Erstliga-Mannschaft, die Hertha aufgeboten hat, alles abverlangt.“
Und das mit einigen Veränderungen gegenüber dem ersten Pflichtspiel bei Viktoria Hamburg. Auf gleich vier Positionen tauschte Bruns das Personal aus. Als er vor dem Match in Berlin davon sprach, dass „von eins bis elf niemand sich seines Platzes sicher sein kann“, hatte er wohl schon im Hinterkopf, dass er auch dem Mann zwischen den Pfosten ein neues Gesicht verleihen wird. Denn bei der „Alten Dame“ stand ziemlich überraschend plötzlich Sören Pirson im Kasten, der Stephan Loboué verdrängt hatte, für den sich Bruns nach der Vorbereitung eigentlich als Nummer eins entschieden hatte. „Das war keine Strafe für Stephan“, betonte Bruns. „Ich habe von Beginn an gesagt, dass wir zwei Torhüter auf sehr gutem Niveau haben. Diesmal hat sich mein Gefühl für Sören entschieden.“
Mit anderen Worten: Am kommenden Freitag im wichtigen ersten Heimspiel gegen den FSV Frankfurt können sich beide Keeper Hoffnungen auf einen Einsatz machen. Denn in Berlin war auch Pirson nicht ganz ohne Fehler. Während er beim ersten Gegentreffer noch komplett machtlos war, konnte er vor dem 1:2 einen Schuss von Nikita Rukavytsya nur in die Mitte abklatschen, sodass Marco Djuricin lediglich noch abstauben musste. „So ein Mist, ich bekomme den Ball nicht unter Kontrolle“, musste Pirson später zugeben, dass er an dem Rückstand nicht ganz unschuldig war. Das gilt zwar nicht für Hertha-Tor Nummer drei, auch wenn ein Schlussmann immer eine schlechte Figur macht, wenn er „getunnelt“ wird. Wieder war das 17-jährige Nachwuchstalent Djuricin der Torschütze.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte niemand mehr einen Pfifferling auf die Oberhausener gesetzt, doch auch das ist eine Erkenntnis, die der Coach gewinnen konnte: Sein Team hat Moral. Denn Moses Lamidi, der die Rot-Weißen schon nach sieben Minuten per Hackentrick in Führung gebracht hatte, konnte zehn Minuten vor dem Ende noch einmal ausgleichen.
Wenn sich jemand am Freitag einen Stammplatz erkämpfen konnte, dann der Neuzugang von Borussia Mönchengladbach, der nicht nur mit zwei Treffern glänzen konnte, sondern auch ansonsten der Aktivposten im Oberhausener Spiel nach vorne war. An gefährlichen Szenen war Lamidi stets beteiligt.
Doch genauso wie der Angreifer, der von Bruns auf der linken Seite hinter der einzigen Spitze Patrick Schönfeld eingesetzt wurde, zeigte sich die gesamte Truppe nicht beeindruckt von der erstaunlichen Kulisse von 48.385 Zuschauer. „Wir haben uns so teuer wie möglich verkauft und der Hertha alles abverlangt. Jetzt heißt es Mund abwischen und nach vorne schauen“, wollte Pirson nicht groß Trübsal blasen. „Es war wichtig, dass wir nach dem Pokalspiel wieder als echtes Team aufgetreten sind. Wir sind einen Schritt weiter.“
Ob das wirklich der Fall ist, wird man wohl erst nach dem Heimspiel-Auftakt gegen den FSV sehen. Dann befinden sich die „Kleeblätter“ nämlich nicht mehr in der Rolle des krassen Außenseiters, sondern müssen gegen ein Team auf Augenhöhe den ersten Dreier einfahren, wenn man in der Liga bleiben möchte. Bis Freitag, 18 Uhr, darf man wieder darauf gespannt sein, was sich Bruns in der kommenden Woche in Bezug auf seine Startformation ausdenkt.