Während die „Königsblauen“ in der ersten Hälfte im vom Felix Magath bevorzugten 4-4-2 spielten, war der zweite Durchgang ein Probelauf eines 3-4-3 Systems. Das wird im Ernstfall aber wohl nicht zur Anwendung kommen, das Experiment mit einer Dreierkette war eher dem Wunsch geschuldet, dass alle Mitgereisten auch zum Einsatz kommen sollten.
In Wolfsburg war neben dem Traumduo Grafite-Dzeko im Sturm auch das Mittelfeld Garant für Magaths Erfolg. Profis mit der Qualität von Flügelflitzer Christian Gentner, „Sechser“ Josue und vor allem Spielmacher Zvjezdan Misimovic hat der Coach in Gelsenkirchen jedoch nicht - beziehungsweise nicht mehr, was Jermaine Jones betrifft - zur Verfügung.
Deshalb gilt es, aus den zum großen Teil „unfertigen“ Spielern ein funktionierendes Gebilde zu basteln. Das auch dem Anspruch gerecht wird, in der Bundesliga-Spitze mitzumischen. Ob Magath sein bevorzugtes System mit Mittelfeld-Raute wirklich mit dem jetzigen Personal umsetzen kann, scheint jedoch fraglich.
In der zentralen Rolle vor der Abwehr hat sich Vasilios Pliatsikas nach den vielversprechenden Tests gegen Donndorf und die Victoria-Auswahl offenbar die besten Karten erarbeitet. Auch für den Fall, dass Testkicker Naoya Kikuchi unter Vertrag genommen wird.
Schalkes Achillessehne ist aber die Kreativabteilung: „Wir agieren im Offensivspiel immer noch zu umständlich“, findet Magath. Doch wer soll die Fäden ziehen? Die Position hinter den Spitzen ist seit dem Abgang von Lincoln nicht befriedigend besetzt worden. Ob Ivan Rakitic im dritten Anlauf endlich den Durchbruch schafft, steht in den Sternen. Jan Moravek und auch der erst 18 Jahre alte Predrag Stevanovic sitzen dem Kroaten im Nacken. Auch Halil Altintop kann Rakitic das Wasser reichen, sieht seine ideale Position aber in einem Zweier-Sturm.
Magaths Traum von der Raute könnte auch deshalb platzen, weil er für die Planstellen auf den Außenbahnen kaum hochkarätiges Personal aufbieten kann. Angesichts der mangelnden Konkurrenz müssten dort eigentlich die Chancen von einem steigen, der eigentlich schon abgeschrieben war: Albert Streit.
Wenn sich der Techniker mit Magaths Drill arrangiert, sollte er Aussichten auf einen Platz in der Startelf haben, gerade weil sich der nicht als „Trainingsweltmeister“ bekannte Rechtsfuß auf beiden Flanken zu Hause fühlt. Doch der Rückkehrer aus Hamburg scheint nicht nur „wieder bei Null“ anzufangen, sondern auch weit vor „Hundert“ anzukommen. Sein recht lustloser Auftritt am Mittwoch ist seinem Boss bestimmt nicht entgangen, auch wenn der Coach sich danach nicht zu einer Einzelkritik hinreißen ließ. Ein „Aufdrängen“ sieht jedenfalls anders aus.
Magath, der in Herzlake „ den Spielrhythmus verbessern“ will, wird sich dort auch die Antwort auf eine Grundsatzfrage überlegen müssen: Passt er seine Taktik dem vorhandenen Kader an – oder schlägt noch einmal „im Sommerschlussverkauf“ zu?
Denn noch ist im Schalker Mittelfeld die Quantität - elf Akteure sind nominell dort beheimatet - größer als die Qualität.