Wer verstehen will, was im vergangenen halben Jahr mit dem 1. FC Köln passiert ist, musste ganz am Ende noch einmal hinschauen. Besinnliche Musik erklang im abgedunkelten Stadion, die Fans schunkelten, und mitten auf dem Rasen war der Aufschwung des Klubs verdichtet in einem einzigen Bild: Steffen Baumgart hielt Anthony Modeste im Arm, lang und innig.
Das Hinrundenfinale brachte ein 1:0 (0:0) gegen den VfB Stuttgart, und natürlich hatte Modeste (88.) auch dieses Spiel entschieden - mit seinem elften Saisontor. Nach dem Abpfiff kamen ihm die Tränen, weil es ein besonderer Tag war. „Heute vor drei Jahren habe ich meinen Papa verloren“, meinte er später, es sei ein „emotionaler“ Abend gewesen.
Ein besonderer allerdings für den ganzen Klub. Vor sieben Monaten wären die Kölner beinahe abgestiegen, Modeste spielte damals keine Rolle in der Mannschaft. Dann kam Baumgart, und vor der Winterpause ist der FC nun Achter, acht Punkte vor der Abstiegszone, zwei hinter den Europacupplätzen.
Modestes Wiedergeburt spielt dabei eine große Rolle, aber nicht die einzige, sagt Baumgart. „Er macht wieder das, was ihn früher schon ausgezeichnet hat“, sagt der Trainer, „jeder wäre froh, so einen Stürmer zu haben. Aber er kann es auch nicht allein. Er krönt es nur momentan.“
Tatsächlich hat Baumgart in kurzer Zeit eine ganze Mannschaft umgekrempelt, die sich in der vergangenen Saison nur mit größter Mühe in die Relegation gerettet hatte. „Diese Saison ist verrückt“, sagte Modeste daher in der ARD: „Wir haben fast den gleichen Kader wie die letzten beiden Jahre, aber es hat sich alles geändert. Weil wir einen geilen Trainer haben.“
Völlig neu ist die Ausrichtung, die nie auf Absicherung und fast immer auf Angriff zielt. „Wir spielen jetzt einen anderen Fußball“, sagt Baumgart, „und der funktioniert gut. Die Gegner haben mittlerweile Respekt vor uns.“
Was der 49-Jährige will, klappt nicht immer. Nach dem 0:2 gegen den FC Augsburg vor nicht mal zwei Wochen schien es gar, als kam das viele Lob für den „neuen“ FC gar ein bisschen früh, der Blick ging wieder nach unten.
Dann allerdings gelangen dem Team erstmals in dieser Saison zwei Siege in Folge, nach den Erfolgen in Wolfsburg (3:2) und nun gegen Stuttgart muss die Bewertung anders ausfallen.
Beide Spiele entschied Modeste, der Franzose war erst einmal in seiner Karriere so treffsicher wie nun: Vor fünf Jahren schoss er sogar noch zwei Tore mehr in der Hinrunde (13), auch der FC holte damals noch einen Punkt mehr (26) als jetzt. Und zog am Ende der Saison in die Europa League ein.