Der MSV zeigte gestern zwei Gesichter. "In der Halbzeit haben wir richtig was vor den Latz gekriegt", verriet Torwart Tom Starke nach dem Spiel, "das hat geholfen. Bei uns zieht im Moment kein Zuckerbrot, sondern genau das Gegenteil. Aber das brauchen wir wahrscheinlich auch, sonst hätten wir die zweite Hälfte nicht so agiert."
Der vermeintliche Vorteil, nach Hankes Hinausstellung mit elf gegen zehn Mann zu spielen, entpuppte sich eher als Hemmschuh. Starke: "Wir hatten direkt nach der roten Karte eine Blockade. Als wir das 0:1 kassieren, hat sich diese noch manifestiert. Wir haben viel durch die Mitte versucht, zeigten insgesamt wenig Laufbereitschaft und haben dann auch noch ein doofes Tor bekommen."
Die Tatsache, dass der harte Kern schon beim Stand von 0:0, als die Zebras das Spiel breit machten und auf ihre Chance warteten, schäumte, kam erschwerend hinzu. "Ich habe schon nach einer Minute Bommer-raus-Rufe gehört", erklärte Starke, "und vor dem Anpfiff schallten schon durch die Arena: Wir wollen euch kämpfen sehen! Wir machen unseren Job und versuchen, das Beste herauszuholen. Du kannst es eben nicht jedem Recht machen." Sein Rezept: "Wir müssen uns an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen." Auf die Frage, wie er die Chancen zur Rettung einstuft, antwortet der einstige Hamburger: "Die Chance auf den Klassenerhalt ist auch nach dieser Partie nicht größer geworden, aber wir glauben noch dran."
Kapitän Ivica Grlic stellte treffend fest: "Wieder einmal sind es zwei Zähler zu wenig, die an der Wedau geblieben sind. Wieder einmal haben wir mit dem Unentschieden eine Ausrede." "Grille" schob nach: "Der Platzverweis gleich zu Beginn hat uns nicht unbedingt in die Karten gespielt, uns eher gehemmt. Fehlpass hat sich an Fehlpass gereiht. Das Selbstvertrauen schwand. Das Gegentor fiel wieder nach einer Flanke, wo wir nicht nah genug am Mann stehen. Bezeichnend war auch, dass wir in der ersten Hälfte nur einen Torschuss abgegeben haben."
Obwohl sich das Bild nach dem Wechsel deutlich änderte, setzte der MSV keinen entscheidenden Stich, um endlich Schritte nach vorne zu kommen. "Nach dem Ausgleich mussten wir einfach den Sack zumachen. Möglichkeiten waren da, zumal wir wieder voll im Spiel waren. Aber es geht weiter. Wir müssen nur jedes mal so agieren, wie wir es gegen Hannover in der zweiten Halbzeit getan haben." Die Frage ist nur, ob kommende Kontrahenten wie Werder oder der HSV das überhaupt zulassen. Fakt ist: Die Anzahl der Teams mit passender Kragenweite nimmt im Endspurt rapide ab.