Galgenfrist für Thomas Doll, für Horst Heldt jedoch könnte jeder Tag der letzte sein: Das Chaos beim Bundesliga-Abstiegskandidaten Hannover 96 hält nahezu täglich eine neue Volte bereit. Während der Trainer der Niedersachsen eine Jobgarantie bis zum Abschluss der Spielzeit erhielt, arbeitet der 96-Manager nur noch von Tag zu Tag - und auf Abruf.
"Wir ziehen das gemeinsam bis zum Saisonende durch", zitierte Doll Martin Kind aus einem Telefonat mit dem Vorstandsvorsitzenden. Derlei Kontakte pflegen der Ex-Präsident und Noch-Manager Heldt derzeit nicht. Was den 49-Jährigen nach eigenem Bekunden nicht stört: "Solange ich keine anderen Anweisungen bekomme, gehe ich ganz normal meiner Tätigkeit nach. Herr Kind kann das gestalten, wie er es für richtig hält."
Hannover ist wohl nicht mehr zu retten
Dabei hat Kind mehrfach öffentlich in aller Deutlichkeit den Daumen längst über beide gesenkt und von einem jämmerlichen Scheitern gesprochen. "Es war und ist eine desaströse Saison", sagte der Unternehmer über die Misserfolgsserie der Niedersachsen. Rechnerisch ist der Abstieg zwar noch nicht besiegelt, aber mittlerweile fehlen elf Punkten zum rettenden Platz 15.
Selbst ein Überraschungs-Erfolg im Niedersachsen-Duell am Samstag (15.30 Uhr/Sky) beim VfL Wolfsburg käme wohl zu spät für eine sportliche Rettung. Dennoch versucht sich Doll in Durchhalteparolen: "Natürlich sind wir krasser Außenseiter, aber die Mannschaft will und hat sich noch nicht aufgegeben."
Dennoch schießen die personellen Spekulationen ins Kraut, wer Heldt und Doll beim Tabellenletzten beerben könnte. Als Interimscoach und Abstiegsverwalter stand U23-Trainer Christoph Dabrowski bereit, nun wird mit Blick auf den Sommer spekuliert: Ehemalige 96-Übungsleiter wie Mirko Slomka und Dieter Hecking werden ebenso als Kandidaten gehandelt wie langjährige Ex-Profis Steven Cherundolo und Altin Lala.
Todt oder Beiersdorfer als Heldt-Nachfolger?
Was Doll derzeit mitmachen muss, kann auch sein Wolfsburger Kollege Bruno Labbadia nachfühlen, auch wenn der VfL-Coach diesmal seinen Arbeitsplatz am Mittellandkanal geordnet zum Saisonende übergibt: "Thomas hat nicht mein Mitleid, aber ich leide mit ihm. Ich hatte mich gefreut, dass eine Type wie er wieder in der Bundesliga arbeitet." Als mögliche neue Manager und Nachfolger von Heldt gelten die Ex-Hamburger Jens Todt und Dietmar Beiersdorfer. Sicher scheint nur, dass Ex-Spieler Jan Schlaudraff wie geplant am 1. Juli als Assistent der sportlichen Führung seine Arbeit aufnehmen wird - aber eben noch nicht in der allerersten Reihe.
Auch der Name von Klaus Allofs fiel. Doch gegen den langjährigen Manager von Werder Bremen, ungeachtet seiner Beurlaubung noch bis Ende Juni beim VfL Wolfsburg unter Vertrag, spricht, dass er zuletzt vor mehr als 20 Jahren in der zweiten Liga unterwegs war. Ausschließen wollte der 62-Jährige im ARD-Gespräch dennoch nichts, "aber es gibt nichts Konkretes." SID