Die Vereinsopposition feierte den Machtwechsel bei Hannover 96 mit Gesängen wie im Stadion. Bei der mit Spannung erwarteten Mitgliederversammlung des eingetragenen Vereins setzten sich am Samstag die Gegner von Martin Kind deutlich gegen die Befürworter des bisherigen Präsidenten durch.
Alle fünf Kandidaten der Oppositionsgruppe "Pro Verein 1896" inklusive des früheren 96-Kapitäns Carsten Linke wurden in den neuen fünfköpfigen Aufsichtsrat gewählt. Mit dieser klaren Mehrheit können die Kind-Gegner nun den Nachfolger des langjährigen Präsidenten einsetzen, der in Zukunft nur noch Geschäftsführer der ausgegliederten Profifußball-Gesellschaft Hannover 96 GmbH und Co. KGaA sein möchte. Neuer 96-Präsident soll der frühere Fanbeauftragte und bisherige Aufsichtsrat Sebastian Kramer werden. "Heute ist der Tag, an dem wir neu aufstehen", sagte der alte und neue Aufsichtsrat Ralf Nestler, der von "Pro Verein 1896" nominiert wurde.
Die große Frage ist nun, wie ein Vereinsvorstand aus Kind-Gegnern und die Profi-Abteilung unter Kind selbst in Zukunft zusammenarbeiten werden. Denn solange Hannover 96 nicht die von Kind beantragte Ausnahmegenehmigung von der 50+1-Regel im deutschen Profifußball erhält, hat der eingetragene Verein noch immer Einfluss auf die ausgegliederte KGaA. "Ich mache mich nicht vom Acker", hatte Kind schon im Vorfeld betont. Am Samstag selbst warnte er: "Aus meiner Sicht ist das Zwei-Säulen-Modell ein Erfolgsmodell. Hier der Profifußball, dort der Amateursport. Wer dieses Modell infrage stellt, der gefährdet das ganze Haus Hannover 96 insgesamt."
Kind nicht entlastet
Die Anhänger der Opposition waren bei der Versammlung deutlich in der Mehrheit. Deshalb wurden zunächst sowohl der bisherige Vorstand um Martin Kind als auch der bisherige Aufsichtsrat für das vergangene Jahr nicht entlastet. Danach fielen bei den Aufsichtsratswahlen alle fünf Kandidaten des Pro-Kind-Lagers durch, darunter auch der frühere 96-Kapitän Karsten Surmann.
Diese Fraktion machte sich dafür stark, dass die Profifußballer völlig unabhängig vom Mutterverein geführt werden. Die Kind-Gegner wollen die Trennung zwar nicht aufheben, dem eingetragenen Verein aber möglichst viel Einfluss auf die KGaA zurückgeben.
Ein weiterer wesentlicher Punkt ist, dass viele Fans und Mitglieder dem Hörgeräte-Unternehmer vorwerfen, den Verein seit 1997 sehr stark von oben herab geführt und Mitglieder-Meinungen nicht ausreichend berücksichtigt zu haben. "Wir sind angetreten, um genau das aufrecht zu erhalten, was uns in den letzten 20 Jahren so erfolgreich gemacht hat: Das Zwei-Säulen-Modell. Aber es geht auch darum, dass Mitgliederbeschlüsse wieder bindend sind. Demokratie gehört dazu", sagte der Ex-Profi Linke am Samstag. (dpa)