Heiko Herrlich rang sich ein kleines Lächeln ab, als nach dem 3:1 (2:1) gegen Hertha BSC die von allen erwartete Frage aufkam, wie es denn bei Bayer Leverkusen weitergehe: mit ihm oder ohne ihn? Er sei ein «Diener» des Vereins - und so lange er dem Verein dienen könne, werde er das «leidenschaftlich tun». Alles andere will der Fußball-Lehrer ausblenden, mit den Spekulationen um seine Zukunft möchte sich der 47-Jährige nicht beschäftigen: «Ich habe das nicht zu entscheiden.»
Diejenigen, denen die Entscheidung obliegt, meldeten sich nicht oder kaum zu Wort. Weder Sport-Geschäftsführer Rudi Völler noch Sportdirektor Simon Rolfes würden sich den Medien stellen, ließ ein Bayer-Sprecher nach den 90 Minuten wissen. Zuvor hatte Rolfes eine klare Aussage verweigert und den TV-Sender Sky nur eines wissen lassen: «Dass Spekulationen normal sind, ist auch klar.» Und die laufen nach «Bild»-Informationen darauf hinaus, dass Herrlich trotz des Erfolgs vom Samstag vor dem Aus steht. Demnach sollen sich die Bayer-Bosse mit dem früheren Dortmunder Coach Peter Bosz bereits finanziell geeinigt haben.
Was sollte Herrlich da noch tun? Er konnte nur darauf verweisen, dass «der Trend in die richtige Richtung geht». Das schließt er in seiner zweiten Saison bei Bayer daraus, dass es in den zurückliegenden sechs Bundesligabegegnungen immerhin 13 Punkte gab. Trotzdem räumte er ein, dass die Kritik an ihm und den phasenweise schwachen Auftritten seines Teams «größtenteils berechtigt» war. Als positive Faktoren ordnete er das Erreichen des Achtelfinales im DFB-Pokal und den Gruppensieg in der Europa League ein.
Ob das angesichts der 24 Hinrundenpunkte - vier weniger als vor einem Jahr - reicht, um weitermachen zu dürfen? Seine Profis scheinen das so zu sehen. «Die Tendenz geht nach oben», sagte Doppel-Torschütze Kai Havertz. Zuletzt habe das Team gezeigt, «was wir mit Heiko Herrlich leisten können». Julian Brandt hielt fest, der Coach habe in den vergangenen Wochen «alles gegeben». Alles Weitere sei nicht der Job der Spieler: «Ob die sich zusammensetzen, ist mir wurscht», gab Brandt von sich.
Ähnlich dürfte es auch Herrlich sehen: Ihm sind letzten Endes die Hände gebunden. Ein wenig Selbstverteidigung war dann bei ihm doch da: Das Verletzungspech zu Beginn der Saison habe dazu geführt, dass nicht ausreichend rotiert werden konnte. «Die Spieler waren teilweise total überspielt und leer», blickte Herrlich auf diese schwierige Phase zurück. In der Summe hätten er und seine Mannschaft eines nicht bewirken können: «Kontinuität haben wir nicht komplett reinbekommen.»
Erst zum Schluss lief es besser: Das 3:1 gegen Berlin war der dritte Heimsieg in Serie - ein persönlicher Rekord für Herrlich als Bayer-Coach. Er durfte sich vor allem beim überragenden Doppel-Torschützen Havertz bedanken: Der Jung-Nationalspieler erzielte nach Kevin Vollands Führungstreffer (6. Minute) unter kurioser Mithilfe von Hertha-Keeper Rune Jarstein das 2:0 (23.) und krönte seine Leistung mit dem herrlichen Lupfer zum 3:1 (49.). Für die Hertha verkürzte Jordan Torunarigha vor 27 647 Zuschauern in der 26. Minute auf 1:2. dpa