Wenn Franco Di Santo nach der vergangenen Saison auf Schalke den Abgang durch die Hintertür gewählt hätte, dann hätte sich wohl keiner darüber aufgeregt: Nach zwei schwachen Jahren auf Schalke schien der Stürmer seinen Kredit verspielt zu haben.
Wir wissen, was wir an ihm haben
Domenico Tedesco über Franco Di Santo
Nach dem guten Saisonstart gegen Leipzig (2:0) verließ Di Santo die königsblaue Kabine durch den Haupteingang und mit einem Lächeln im Gesicht. Denn Domenico Tedesco setzt wieder auf den Argentinier: Ein Abschied in diesem Sommer ist kein Thema mehr.
„Wir wissen, was wir an ihm haben“, sagt Schalkes Trainer auf WAZ-Nachfrage und setzt noch einen drauf: „Wenn wir uns einen Stürmertypen aussuchen würden, der schnell, groß und torgefährlich ist, der vorne presst und die tiefen Laufwege sucht, dann ist das Franco Di Santo.“ Ein Lob, das es für den inzwischen 28-Jährigen so auf Schalke lange Zeit nicht mehr gegeben hat. Das letzte Mal wahrscheinlich bei seiner Verpflichtung vor zwei Jahren, als der damalige Manager Horst Heldt Di Santo von Werder Bremen holte.
Das erste Jahr verlief für den Sechs-Millionen-Stürmer durchwachsen: Er absolvierte 34 Pflichtspiele und erzielte acht Tore – die meisten aber „nur“ in der Europa League. Das zweite Jahr auf Schalke war dann lausig: In 15 Pflichtspielen blieb der Mittelstürmer torlos – was freilich auch an einer langen Verletzungspause lag. Kein Wunder, dass es danach Spekulationen gab, dass Schalke den Stürmer gerne wieder loswerden möchte, doch diese Spekulationen wurden offenbar ohne die Einschätzung des neuen Trainers gemacht. Denn Weinzierl-Nachfolger Tedesco sagt, für ihn hätte Di Santo nie auf der Verkaufsliste gestanden.
Neuer Trainer, neue Chance.
Gegen Leipzig rechtfertigte der Stürmer diese Einschätzung mit einer couragierten Leistung (Note 2,5): Er ging weite Wege, störte den gegnerischen Spielaufbau, zeigte gutes Kombinationsverständnis und holte den Elfmeter heraus, der zum 1:0 führte. Am Wichtigsten aber war: Auf Di Santo war sofort Verlass, als er kurzfristig für den verletzten Guido Burgstaller in die Startelf gerückt war. Denn eigentlich sollte er zunächst auf der Bank sitzen, was für Tedesco aber keine Abwertung ist: „Es sind wirklich Kleinigkeiten, die aktuell darüber entscheiden, wer in der Startelf steht und wer spielt.“ Für die Position des Stoßstürmers betrifft das Burgstaller, Di Santo und Breel Embolo. Sollte Burgstaller bis zum Spiel am Sonntag in Hannover wieder fit sein, könnte er den Vorzug bekommen.
Denn Domenico Tedesco weiß auch, dass Di Santo nach seiner schwachen Vorjahres-Saison noch etwas fehlt in Sachen Rhythmus: Nach einer Stunde musste er platt und angeschlagen vom Feld – die Arbeit forderte ihren Tribut. „Es ist so, dass er noch Zeit braucht und Selbstvertrauen – ein Törchen oder eine Vorlage wären mal nicht schlecht“, schmunzelt Tedesco. Immerhin belohnte Di Santo sich mit dem Elfmeter, „das 1:0 ist sein Laufweg“, erklärt der Trainer. Solche Wege in die Tiefe imponieren Tedesco, und Di Santo ist bereit, diese zu gehen. „Daran machen wir ihn fest, nicht an Toren.“
Und deswegen durfte er die Arena mal wieder zufrieden verlassen – durch den Haupteingang.