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Der stille Abschied von Christian Pander

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christian pander, christian pander
christian pander, christian pander Foto: Joachim Kleine-Büning

Christian Pander hat 2016 noch einmal für ein Comeback gekämpft, doch jetzt muss er die Karriere beenden. Ein Rückblick auf die Zeit auf Schalke.

Irgendwann, das Gespräch ist schon fast zu Ende, erzählt Christian Pander noch eine Geschichte, und auch die lässt einen erst einmal erstaunt zurück. Es ist die Geschichte von seinem ersten Bundesligaspiel für Schalke.

Der 6. August 2004, ein Freitagabend in Bremen, und ganz Deutschland sieht vor dem Fernseher zu. Der junge Verteidiger Christian Pander hat sich in der Vorbereitung bei Trainer Jupp Heynckes einen Platz erkämpft, ist ohnehin nervös, und weiß dann eine quälende Stunde lang nicht, wohin mit seiner übergroßen Anspannung. Ein Bagger hat vor dem Bremer Weserstadion ein Kabel gekappt, es wird dunkel von einer Sekunde auf die andere, bis ein Techniker irgendwann viel später endlich die Erleuchtung findet. „Du stehst da, und das Licht geht aus”, erzählt Christian Pander, macht eine kleine Pause und sagt: „So etwas vergisst man nicht.”

So beginnt eine Karriere, die ganz sicher nicht so verläuft, wie sich Christian Pander das damals vorgestellt hat. Mit 20 Jahren.

Etwas mehr als zwölf Jahre später sitzen wir in einem Café nahe des Schalker Vereinsgeländes. Für Christian Pander immer noch eine vertraute Umgebung, obwohl sein letztes Bundesligaspiel für Schalke schon mehr als fünf Jahre zurückliegt. Im Sommer 2011 musste er die Königsblauen verlassen, bei Hannover 96 hat er noch einige Jahre in der Bundesliga gespielt. Heute aber ist er gekommen, um ein Kapitel zu beenden. „Die Sportinvalidität steht an”, berichtet er, „das Thema ist durch.” Ein stiller Abschied – diese Überschrift findet er passend. Christian Pander hat die Hoffnung aufgegeben, vielleicht doch noch einmal Fußball spielen zu können. Mit 33 Jahren. 2016 war das Jahr, in dem er einsehen musste: Das linke Knie, an dem er insgesamt sechsmal operiert werden musste, macht nicht mehr mit. „Irgendwann muss man den Cut machen”, hat er entschieden: „Es macht keinen Sinn mehr, weiter dem hinterherzulaufen, was nicht mehr funktioniert.”

Als wir Ende 2015 das letzte Mal telefoniert hatten, da war er noch voller Hoffnung. Eine Operation war noch anberaumt, „man will sich das nicht eingestehen, dass es vorbei ist.” Das ganze Jahr 2016 schuftete er in der Reha im Medicos für ein allerletztes Comeback – dort, wo auch die verletzten Schalker Spieler behandelt werden, „bei den Leuten, die ich kenne”. Er wollte sich später nicht den Vorwurf machen, nicht noch einmal alles gegeben zu haben, doch es wurde einfach nicht mehr besser in diesem Jahr mit dem linken Knie. Selbst im Alltag hat er Probleme, beim Treppensteigen oder wenn er seinem sechs Jahre alten Sohnemann Luan die Schuhe zubinden will – dann versucht er, nicht in die Hocke zu gehen. Profifußball? Nicht mehr dran zu denken.

Nun also sitzen wir in dem Café auf Schalke, und es soll darum gehen, was geblieben ist von 14 Jahren in diesem Geschäft. Christian Pander bestellt ein Wasser, still, ohne Sprudel, und es huscht dieses typische, leicht verlegene Lächeln über sein Gesicht. Seine Geschichte lässt sich nicht ohne die Verletzungen erzählen, aber es gab eben auch diese Tage, an denen er belohnt wurde für all die Quälerei zuvor. „Zweimal habe ich mein Comeback gegen die Bayern feiern dürfen – das sind die Momente, an die ich gerne zurückdenke; da bekommt man unheimlich viel zurück.” 19 Monate hat er beim ersten Mal dafür arbeiten müssen. Als er danach wieder den Rasen in der Arena betrat, erhoben sich die Menschen. Gänsehaut.

Auf sein Tor in Wembley wird er immer noch angesprochen

Oder, dieser Tag in Wembley im Jahr 2007, als ihm in der Kathedrale des Fußballs im Länderspiel gegen England der Siegtreffer für Deutschland gelungen war – dem jungen Verteidiger aus Schalke schien die Fußballwelt damals ganz weit offen zu stehen. Als die Rede jetzt wieder darauf kommt, muss Christian Pander selbst schmunzeln. Noch vor wenigen Monaten hat ihn ein Engländer, den er zufällig getroffen hat, auf diesen Treffer angesprochen: „Er hat mein Gesicht erkannt und mich gefragt, ob ich nicht vor zehn Jahren mal ein Tor gegen England geschossen hätte?” Momente, die man nie vergisst. Christian Pander ist immer authentisch geblieben, „ich habe mich nie verstellt, das ist bei den Menschen immer gut angekommen.” Er war überall beliebt, ob nun auf Schalke oder zum Schluss in Hannover, wo er am 21. Februar 2015 sein letztes Bundesligaspiel bestritt.

Wahrscheinlich aber hätte er Schalke niemals verlassen, wenn die Königsblauen nicht von sich aus die Zusammenarbeit mit ihm im Sommer 2011 beendet hätten – nach all den Verletzungen hatte Schalke den Glauben an ihn verloren. „Ein bitterer Beigeschmack”, sagt Christian Pander, nimmt einen Schluck von dem stillen Wasser ohne Sprudel und erzählt eine Geschichte, die er bisher für sich behalten hatte: „Mit Felix Magath war ich mir einig, meinen Vertrag auf Schalke um drei Jahre zu verlängern. Dann habe ich mich am Fuß verletzt, wenige Wochen später war Magath auf Schalke Geschichte und keiner hat sich mehr daran erinnern können, dass mir vorher ein neuer Vertrag angeboten wurde.” Auch so eine kuriose Begebenheit, dass ausgerechnet der knallharte Magath einer war, mit dem er sich arrangiert hat. „Es hat eine Zeit gebraucht”, sagt er, „aber wir hatten ein gutes Verhältnis.” Im Jahr danach absolvierte er für Hannover 44 Pflichtspiele, mehr als je zuvor in einer Saison. „Ich war topfit.”

Verpasste Meisterschaft: Der Tag in Dortmund war eklig

Schalke aber bleibt trotzdem sein Verein, daran hängt sein Herz, damit sind so tiefe Erinnerungen verbunden. Er hätte Deutscher Meister werden können mit Schalke im Jahr 2007, er stand mit auf dem Rasen, als ausgerechnet in Bochum und Dortmund die Schale verspielt wurde – den Tag in Dortmund nennt er heute noch eklig, und das tut er nicht, um jemandem nach dem Munde zu reden. „Ich hätte es all den Menschen in Deutschland, die seit Jahren darauf warten, so sehr gegönnt”, sagt er und lacht: „Und die eine Woche Party hätte ich auch gerne mitgenommen.” Ein paar Gedanken später kommt er noch einmal auf eine Schalker Meisterschaft zurück und gibt ein Versprechen ab: „Wenn es irgendwann einmal soweit ist, komme ich auf jeden Fall zur Feier – auch uneingeladen.”

Ein Sportmanagement-Studium steht jetzt an

Aber jetzt geht es erst einmal darum, das Leben nach der Karriere neu zu sortieren. Im Januar will er damit anfangen, Sportmanagement zu studieren, dem Fußball möchte er schon verbunden bleiben, irgendwann will er auch den Trainerschein machen. „Ich hätte Spaß daran, im Jugendbereich zu arbeiten”, erklärt er, „da ist dieses Geschäft noch ein bisschen natürlicher.” Er selbst hat damals auch als Jugendlicher auf Schalke angefangen, im letzten Jahr der A-Jugend ist er von Preußen Münster gekommen.

Als Christian Pander das so erzählt, hier im Café unweit des Schalker Vereinsgeländes, fällt ihm spontan noch so eine Begebenheit ein. In seinem letzten Spiel für Preußen Münster hatte er sich verletzt, ein doppelter Bänderriss im Sprunggelenk – keine Geschichte, die nicht wieder heilen sollte. Aber als er auf Schalke anfing, waren die Folgen noch nicht ganz ausgestanden, und so sagt Christian Pander: „Das erste, das ich von Schalke kennengelernt habe, war das Reha-Zentrum.” Es ist alles gesagt.

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