Die Vereinbarung damals: Schalke verzichtet Ende August auf den Kauf eines direkten Draxler-Nachfolgers, weil Wunschkandidat Filip Kostic nicht zu haben war und die sportliche Leitung nicht aus purem Aktionismus einen anderen Spieler verpflichten wollte. Manager Horst Heldt damals: „Wir wollten nichts machen, wovon wir nicht überzeugt sind.“
Stattdessen einigte man sich darauf, einen Teil der Draxler-Kohle (insgesamt 36 Millionen Euro) lieber im Winter für neue Spieler auszugeben – und einen anderen Teil in den Schuldenabbau zu stecken.
Am Montag hatte die WAZ nun berichtet, wie hoch der Anteil ist, der im Winter zur Verstärkung der Mannschaft aufgewendet werden kann: Insgesamt 15 Millionen Euro – plus eventuelle Einnahmen aus weiteren Verkäufen. Dieser Beschluss ging aber nicht ohne Diskussion durch die Vereinsgremien.
Dem Vernehmen nach soll insbesondere Aufsichtsrats-Chef Clemens Tönnies dafür plädiert haben, lieber die gesamte Draxler-Ablöse zum Abbau der Schulden zu verwenden – der Bilanz für das laufende Geschäftsjahr bis Juni 2016 hätte das gut zu Gesicht gestanden. Eventuell notwendige Wintertransfers wollte der Unternehmer dann aus eigener Tasche beziehungsweise über seine Firma vorfinanzieren. Schalkes Aufsichtsrat entschied aber anders: Denn diese Lösung hätte die Geschäfte in der anstehenden Transferperiode verkompliziert. Außerdem hätte sich Schalke damit wieder in eine Abhängigkeit von seinem Vereinsboss begeben, der im kommenden Sommer bei der Jahreshauptversammlung zur Wiederwahl steht – das wollte man vermeiden.
Unabhängigkeit erwirtschaftet
Clemens Tönnies ist in der Vergangenheit schon häufig eingesprungen, wenn Schalke finanzielle Not hatte. Derzeit ist der Verein jedoch auf dem Weg der Gesundung – es heißt, dass auch Tönnies, bis auf kleinere Beteiligungen an der Stadiongesellschaft, kein Geld mehr investiert hat. Dies wird allgemein begrüßt, weil sich Schalke damit eine gewisse Unabhängigkeit erwirtschaftet hat. Und die bietet nun auch Handlungsspielraum für die anstehenden Wintertransfers.
Manager Heldt würde die Mannschaft gerne mit Spielern verstärken, deren Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist. In dieses Beuteschema passt der beim FC Bayern ausgebildete Österreicher Alessandro Schöpf (21), der für den 1. FC Nürnberg in 19 Spielen sechs Tore erzielte und vier weitere vorbereitete. Er würde die jungen Wilden auf Schalke um Meyer, Sané und Goretzka ergänzen, wäre aber vielleicht noch nicht auf Anhieb eine Verstärkung. Der für diese Position ebenfalls ins Auge gefasste Frankfurter Stefan Aigner (28) kennt dagegen die Bundesliga (111 Spiele/ 23 Tore), doch seine Entwicklungsmöglichkeiten sind überschaubar. Er gilt aber als Spieler mit großem Kämpfer-Herzen.
Suche nach Draxler-Nachfolger
Ähnliches betrifft den Schweizer Nationalmannschafts-Kapitän Gökhan Inler (31), der zuletzt bei Leicester City (vier Liga-Einsätze) und im Vorjahr auch beim SSC Neapel (19 Spiele in der Serie A) keinen Stammplatz hatte. Der Brasilianer Mauricio (27), der sechs Jahre für Terek Grozny in der russischen Liga gespielt hat, könnte sich wohl eher noch weiter entwickeln.
Einen Leistungssprung hingelegt hat zuletzt der frühere Leverkusener Renato Augusto (27), der mit Corinthians Sao Paulo brasilianischer Meister wurde und bester Spieler der Liga war (30 Einsätze, fünf Tore, sieben Vorlagen). Er könnte mit seiner Erfahrung der Draxler-Nachfolger werden – die Suche läuft seit dem Sommer.