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Keine Spielzeit zum Vergessen: Alle müssen die Lehren ziehen
"So eine Katastrophen-Saison darf sich nicht wiederholen"

BVB: "So eine Katastrophen-Saison darf sich nicht wiederholen"
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Die Beteiligten suchten erst gar nicht nach Ausreden. "So eine Katastrophen-Saison darf sich nicht wiederholen", redete Roman Weidenfeller nach dem letzten Spieltag in Leverkusen Klartext. Christian Wörns hatte schon vorher erklärt: "Das ist eine Spielzeit zum Vergessen." Stimmt, denn was die Borussen den im Schnitt erneut über 70.000 Besuchern boten, war hauptsächlich Fußball zum Abgewöhnen. Gleich zu Beginn musste vor allem vor heimischer Kulisse eine bittere Pille nach der anderen geschluckt werden. Ob der Gegner Mainz, Hannover, Bochum, Bielefeld, Aachen oder Berlin hieß, auf einen Dreier warteten die Fans vergeblich. [i]Die Saisonbilanz[/i]

Nur gegen den zum damaligen Zeitpunkt ebenfalls krisengeschüttelten Hamburger SV reichte es zu einem 1:0-Erfolg. Die fade Magerkost schlug Hans-Joachim Watzke, Geschäftsführer, erheblich auf den Magen und prompt attackierte er "Chef-Koch" Bert van Marwijk öffentlich. Der Holländer fühlte sich in seiner Ehre gekränkt, wetterte publikumswirksam zurück und prompt war das schwarz-gelbe Band zwischen dem Funktionär und dem Trainer absolut zerschnitten. Schließlich hatte der Unternehmer aus dem Sauerland vor dem ersten Spieltag den UEFA-Cup-Einzug prognostiziert.

In der Euphorie der gelungenen Umschuldung legte er verbal sogar noch einmal mächtig nach: "Mittelfristig besitzt nur Bayern München das natürliche Recht, in der Tabelle vor uns platziert zu sein."

Andere Bundesligisten zeigten sich davon unbeeindruckt und erdreisteten sich, locker an den Dortmundern vorbeizuziehen. Wie zum Beispiel die Arminen aus Bielefeld, bei denen Thomas von Heesen die No-Name-Truppe so richtig auf Trab brachte und flugs von Watzke zum Wunsch-Coach auserkoren wurde. Nachdem im letzten Hinrunden-Match gegen Leverkusen selbst die Anhänger auf die Barrikaden gingen, war endlich der Zeitpunkt gekommen, den nicht mehr geschätzten van Marwijk sechs Monate eher als zuvor vereinbart ins benachbarte Königreich zurückzuschicken.

Vom BVB-Wunschkind zur nicht erwünschten zaudernden Diva: Thomas von Heesen. (Fotos: firo)

Pech nur, dass der doch so begehrte "TvH" sich als zaudernde Diva ersten Grades entpuppte und mit Jürgen Röber eine befristete Übergangslösung, die sich als Total-Flop erwies, engagiert wurde.

Schließlich musste auch er mit einem Kader arbeiten, den zwar alle "gemeinsam zusammengestellt" hatten, im Endeffekt aber keiner die Verantwortung dafür übernehmen wollte. Der von "BvM" auserkorene Steven Pienaar versank förmlich in den Fußstapfen, die Tomas Rosicky hinterlassen hatte. Der gegen den Willen des Fußball-Lehrers verpflichtete Nelson Valdez pflegte im vorderen Bereich die totale Nullnummer. Es passte alles nicht zusammen, zumal Röber mit dem Damoklesschwert von Heesen leben musste. Es wurde weiterhin "Rumpelfußball" in höchster Vollendung präsentiert, der inzwischen auch in der Tabelle entsprechend sanktioniert wurde.

Der selbsternannte Europa-Aspirant entwickelte sich langsam aber sicher zu einem Abstiegs-Favoriten. Sämtliche Facetten des Register-Ziehens verpufften erfolglos, egal ob Abschottung in Kaiserau oder Geheimtraining, es wurde alles nur noch peinlicher, denn inzwischen bediente sich selbst Energie Cottbus im Signal-Iduna-Park punktemäßig dreifach.

Als der BVB in Bochum saft- und kraftlos die sechste Schlappe im achten Rückrunden-Spiel kassierte, wurde auf der Trainerbank erneut rotiert. Thomas Doll hieß die letzte Option, die zunächst nicht den erwünschten Umschwung brachte. Zwei Begegnungen ohne Torerfolg führten zu einem Alm-Abtrieb auf Rang 17. "Die entscheidende Partie war die in Aachen", erinnert sich Wörns an den Turnaround. Von nun an ging es bergauf und nach dem vor allem für die Anhänger versöhnlichen 2:0 gegen Schalke wurde sogar dem Traum vom UI-Cup neues Leben eingehaucht.

Lediglich die Fans sorgten für Kontinuität: Nur Manchester United hat in Europa einen besseren Zuschauerschnitt.

In Erfüllung ging er nicht, weil in Leverkusen der BVB-Akku nur noch auf Reserve lief. Ganz ehrlich: Den Triumphzug nach Europa, wenn auch durch die Hintertür, hatten sich die Borussen auch nicht verdient. Fairerweise muss ergänzt werden: Der HSV allerdings auch nicht. Vor diesem Hintergrund kann die Saison bestimmt besser aufgearbeitet werden, Erfolge verklären bekanntlich den Realitätssinn.

Und ausreichend Anlass zur Reflektion haben die Ex- und Noch-Dortmunder mehr als ausreichend. van Marwijk und Röber müssen sich wohl eingestehen, dass mit dem von ihnen verordneten quälenden Ballgeschiebe die deutschen Erstliga-Anforderungen unterschritten wurden. Sportdirektor Michael Zorc muss sich so seinen Gedanken machen, ob er bei seinem Aktivitäten auf dem Transfermarkt in Zukunft nicht genauer hinschauen sollte, bevor er die Unterschrift auf einen neuen Vertrag leistet. Watzke dagegen gesteht selbst ein, "es war die schwerste Zeit, die ich bisher erlebt habe". Hoffentlich aber auch, dass er in Zukunft in der Öffentlichkeit mit sportlichen Kommentaren weitaus zurückhaltender agieren muss.

Fehlen da nicht noch einige wichtige Protagonisten? Klar, die Spieler! Sie sollten sich wirklich fragen, ob ihre Qualität tatsächlich erstklassig ist. Bei Matthew Amoah, Lars Ricken oder auch Philipp Degen sind Zweifel durchaus angebracht. Die anderen dürfen ruhig offen grübeln, warum sie ihr vorhandenes Potenzial nur dann abrufen, wenn sie gerade Lust darauf haben. Genau der Mann, der sich eigentlich als einziger wirklich zurecht auf die Schulter klopfen dürfte, gibt genau die richtige Denkrichtung an - Alex Frei: "Zwischenzeitlich stand der Verein am Abgrund. Wir sollten jetzt keine großen Sprüche machen, sondern etwas Demut walten lassen."

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