Als Shinji Kagawa am Düsseldorfer Flughafen nach neunstündiger Rückreise im Rollstuhl in die Ankunftshalle geschoben wurde, stand dem Japaner der Frust ins Gesicht geschrieben. Traurig, aber gefasst stellte sich der Shootingstar von Tabellenführer Borussia Dortmund den Journalisten und versuchte sich in Zweckoptimismus.
"Wir haben eine gute Mannschaft, obwohl sie jung ist. Ich bin guter Hoffnung, dass sie Meister wird. Ich will so schnell wie möglich fit werden und hoffe, noch in dieser Saison spielen zu können", sagte Kagawa, bevor seine Reise weiterging. In der Duisburger Unfallklinik wurde sein lädierter rechter Fuß noch am Abend eingehend untersucht.
[forum]329,right[/forum] In der Dortmunder Chefetage glaubt dagegen niemand, dass der herausragende Spieler der Hinrunde noch mal ins Titelrennen eingreifen wird. "Wir hatten schon einige im Kader mit dieser Verletzung. Es hat zwar immer unterschiedlich lange gedauert, aber bei keinem kürzer als drei Monate.
Die eingehende Untersuchung bei Mannschaftsarzt Markus Braun am Donnerstag bestätigte den befürchteten Bruch des fünften Mittelfußknochens am rechten Fuß. Damit wird der Japaner operiert werden müssen und wohl für die gesamte Rückrunde ausfallen.
Das würde bedeuten, dass das Saisonende zu schnell kommt", sagte Jürgen Klopp. Der Erfolgstrainer gab sich an der Seite von Sportdirektor Michael Zorc auf der Pressekonferenz am Mittag dennoch alle Mühe, keine Weltuntergangsstimmung aufkommen zu lassen.
"Etwas zu vermissen, was nicht da ist, macht nicht wahnsinnig viel Sinn. Wir müssen dafür sorgen, dass er bald wieder da ist", sagte Klopp: "Wichtig ist, dass die anderen Jungs eine Chance erkennen, weil diese Position nicht für die nächsten 45 Spiele vergeben ist."
Momentan ist die Kagawa-Position hinter den Spitzen allerdings für Mario Götze reserviert, auch Klopp erklärte, dass momentan "nicht viel" gegen den Jungnationalspieler spreche. Götze hatte auf der "10" in den Spielen bei Bayer Leverkusen (3:1) und gegen den VfB Stuttgart (1:1) restlos überzeugt - unter anderem mit zwei Toren.
Da Klopp auch noch Tamas Hajnal in der Hinterhand hat, will der BVB auf dem Transfermarkt nicht mehr aktiv werden. Er habe mit Klopp diskutiert, sagte Zorc: "Stand jetzt planen wir, niemanden dazuzuholen."
Auch eine mögliche Klage gegen den japanischen Verband plant der BVB nicht. Er wüsste nicht, wofür man Kompensationszahlungen fordern könnte, sagte Zorc: "Wir sind abstellungspflichtig, und dieser Fall ist nicht vergleichbar mit Arjen Robben, in dessen Fall unterstellt wurde, dass der Spieler nicht hundertprozentig fit war. Wir werden sehen, welche Möglichkeiten es gibt, aber wir gehen davon aus, dass wir keinerlei Ansprüche stellen werden."
Kagawa hatte sich beim Asien-Cup im Halbfinale gegen Südkorea (3:0 im Elfmeterschießen) Mitte der zweiten Halbzeit verletzt, wurde aber erst in der 87. Minute ausgewechselt. Aller Wahrscheinlichkeit nach erlitt Kagawa, der am Donnerstagnachmittag via Zürich nach Deutschland zurückkehrte, einen Mittelfußbruch.
"Ich habe Mitte der zweiten Halbzeit einen fürchterlichen Schlag gespürt", hatte Kagawa vor seinem Abflug in Doha gesagt und eingeräumt, dass die späte Auswechslung ein Fehler gewesen sei: "Ich hatte schon das Gefühl, dass es riskant ist." Eine brisante Aussage angesichts der Tatsache, dass Borussia Dortmund den Offensivspieler eigentlich gar nicht für das Turnier abstellen wollte.
"Das ist ein leidiges Thema, nicht mein Lieblingsthema", sagte Zorc: "Wir wussten, dass der Asien-Cup stattfindet, als wir Shinji verpflichtet haben. Das Turnier wurde aber extra in den Winter verlegt, weil es in Katar stattfindet. Das ist ärgerlich, weil wir als Klub die Folgen zu tragen haben. Aber es ist nicht zu ändern. Da helfen nur drastische Maßnahmen." Konkret wurde Zorc nicht.
Nun wollen die BVB-Oberen dem kleinen Spielmacher alle Zeit der Welt geben, um wieder fit zu werden. "Wenn für ihn die Saison gelaufen ist, gibt es keinen Zeitdruck, dann kann man in Ruhe schauen, was für Shinji das Beste ist", sagte Klopp.
Kagawa muss sich zunächst an Krücken und Reha gewöhnen. "Ich habe mich mit dieser Situation noch nicht richtig zurechtgefunden. Ich brauche Zeit, das ganze zu verarbeiten. Ich muss schnell durch diese Sache durch, um bald wieder für Dortmund spielen zu können." Dass es mit seinem Comeback doch länger dauern könnte, deutete er immerhin an: "2009 hatte ich schon einmal den Bruch desselben Knochens, damals war es nach einem Monat ausgestanden. Aber damals hatte ich aber nicht so viele Schmerzen."