Wer vor zehn Jahren, am 31. Oktober 2000, für einen Ausgabepreis von 11,00 Euro stolzer Besitzer der ersten deutschen Fußball-Aktie wurde, hat diesen Schritt inzwischen wohl täglich bereut. Bundesligist Dortmund und das Frankfurter Parkett - das ist die traurige Geschichte von den zwei Königskindern, die nie zueinander fanden. Bei einem aktuellen Kurs der BVB-Aktie um 1,70 Euro herum bedeutet dies für die Erstzeichner einen Wertverlust rund cirka 85 Prozent.
Die Zahlen will Borussia-Präsident Hans-Joachim Watzke gar nicht erst beschönigen. Der Klubchef, der für den damals viel beachteten Börsengang nicht verantwortlich war, will das Papier aber auch nicht gnadenlos schlechtreden. "Der aktuelle Preis der Aktie spiegelt nicht ihren wahren Wert wider", sagte Watzke dem SID.
Insolvenz-Szenario hat die Aktie beschädigt
Der erfolgreiche Geschäftsmann, der selbst immer noch im Besitz von 4500 BVB-Anteilsscheinen ist, kennt die Gründe für den schwachen Kurs: "Mit unserem Insolvenz-Szenario in den Jahren 2004 und 2005 haben wir das Ansehen der Aktie nachhaltig beschädigt." Monatelang bangte der Verein angesichts einer horrenden Schuldenlast von knapp 120 Millionen Euro um den Fortbestand. Watzkes Vorgänger Gerd Niebaum und Manager Michael Meier hatten den Klub mit großzügigen Aktivitäten auf dem Transfermarkt an den Rand des Ruins getrieben. Endgültig gerettet wurde der BVB im März 2005, doch die Aktie erholte sich davon nicht.
Watzke sieht für das Papier nun aber deutliche Reserven. So sei der Transferwert der BVB-Spieler auf rund 120 Millionen Euro taxiert worden, veranlagt sind aber nur 20 Millionen. Watzke: Der Wert des Stadions wurde auf rund 195 Millionen Euro geschätzt. "Es ist aber nur mit 50 Millionen Euro belastet, das macht noch einmal weit mehr als 100 Millionen", so Watzke weiter, "und dann kommen da noch andere Dinge wie Grundstücke und die Marke BVB."
Bei einer aktuellen Marktkapitalisierung zum von rund 105 Millionen Euro "sieht man, dass da viel Luft nach oben ist." Klingt gut, kommt aber bei den Anlegern nicht an. Noch nicht. "Ich glaube, dass sie langsam wieder Vertrauen in das Papier bekommen", sagt der 51-Jährige, der sich über eine Premiere freut: "Erstmals in den ganzen zehn Jahren haben Anleger Geld mit der Aktie verdient."
Nachdem sich zwei Fonds Anfang des Jahres wie geplant endgültig von ihren BVB-Aktien getrennt hatten, gelangten rund 20 Millionen Anteilsscheine in den Streubesitz. Wer zu diesem Zeitpunkt mutig genug war und BVB-Papiere gekauft hat, darf sich inzwischen über ein kräftiges Plus freuen.
Höhenflug auf dem Rasen beflügelt die Aktie
Möglich machten den Erfolg auf dem Parkett die Dortmunder Triumphe auf dem Rasen. Der Höhenflug der jungen Mannschaft von Trainer Jürgen Klopp beflügelte auch den Aktienkurs, der sich von seinem Allzeittief von 0,84 Eurocent kräftig absetzen konnte.
Wie schnell das Papier aber auf Ergebnisse reagiert, zeigte sich nach dem Pokal-Aus beim Drittligisten Kickers Offenbach. Der Kurs rutschte um mehrere Prozent ab. Watzke sieht diese Entwicklung gelassen: "Ich habe doch nicht die Fantasie zu glauben, dass wir alle Saisonspiele gewinnen, Meister, Pokalsieger und Euro-League-Gewinner werden. Rückschläge werden immer kommen." Er verweist darauf, dass die Schulden auf 59,2 Millionen Euro gedrückt werden konnten.
Hoffnung gibt Watzke aber vor allem die Mannschaft. "Da wird mein Herz wärmer", sagte der Klub-Boss, der 2007 die neue Klubphilosophie ausgab: "Junge, talentierte Spieler holen und solide wirtschaften." Ein halbes Jahr später wurde in Jürgen Klopp der passende Trainer geholt: "Er ist das elementare Mosaikteilchen in diesem Konstrukt."
Dass es bislang kein zweiter Verein den Börsengang gewagt hat, liegt für Watzke in der Geschichte der BVB-Aktie begründet. Als ein weiterer Kandidat fürs Parkett galt auch einmal Bayern München. Doch Watzke sagt anerkennend: "Die Bayern sind einen intelligenten Weg gegangen. Sie haben sich strategische Partner ins Boot geholt. Die verdienen mit denen so viel Geld, die brauchen keinen Börsengang."