Nur ein Sieg hilft den beiden jetzt, die Bezeichnung „Schicksalsspiel“ ist da wohl noch untertrieben.
Dabei war der Rauswurf Bonans eigentlich schon so gut wie klar: Präsident Hempelmann kritisierte deutlich, das ein Konzept fehlt und äußerte sich auch sonst nicht förderlich für den Übungsleiter, Gespräche mit Neururer und vielleicht noch anderen möglichen Nachfolgern hat es definitiv gegeben und selbst wer sich nur an Tatsachen orientieren will, dem verriet der Blick auf die Tabelle, was Sache ist: RWE steht unter dem Strich, wäre aktuell viertklassig. Nicht gerade ein Argument für die Weiterbeschäftigung Bonans.
Doch er bleibt – vorerst. Allerdings wohl mehr auf Grund mangelnder finanzierbarer Alternativen als aus Überzeugung, mag man sich nach dem Theater unter der Woche denken. Denn Spielkultur ist derzeit Fehlanzeige bei RWE, es sieht nicht so aus, als ob Laufwege und Offensiv-Kombinationen überhaupt trainiert werden. Die Angriffsbemühungen haben eher etwas von Glücks- als von Fußballspiel. Dickes Minus für Bonan, dessen Handschrift als ehemaliger Libero eher die langen Bälle sind.
Allerdings steht demgegenüber ein nicht zu vernachlässigendes Argument: Die Mannschaft steht hinter Bonan, will weiter mit ihm als Coach arbeiten. Hempelmann betont, wie wichtig ihm ist, dass das Verhältnis offensichtlich intakt ist. Punkt für Bonan. Auch der Einsatz stimmte in den letzten Partien, Kampf und Leidenschaft war vor allem in der zweiten Hälfte des Dortmund-Matches zu erkennen. Wieder Punkt für Bonan, der seine Truppe also tatsächlich erreicht und motivieren kann.
Doch er muss seine letzte Chance nun in Emden nutzen. Verliert er auch dieses Spiel, dürfte ziemlich egal sein, ob die Kicker ihn mögen oder nicht. Ein Trainer kann auch Kumpeltyp sein, wichtig ist aber, dass er die Mannschaft fordert und fördert. Das Potenzial in der Truppe ist, vor allem nach der Rückkehr der meisten Verletzten, ohne Zweifel da, nun muss es endlich mal wieder bestätigt werden. Hempelmann betonte, dass in der Hinrunde gegen die ersten Drei der Tabelle teilweise klar gewonnen wurde, will so die Spieler an ihre eigene Stärke erinnern, ihnen Mut machen. Es geht darum, dieses Können abzurufen – und Bonan ist derjenige, der dafür die Voraussetzungen schaffen muss, allein schon aus Eigeninteresse.
Emden ist dabei nicht unbedingt der Gegner, den man sich für eine solch entscheidende Partie wünscht: Die Kickers stehen kompakt und sind konterstark. Das Hinspiel wurde so 0:1 verloren, Wiederholung nicht erwünscht. Lieber sollte erstmals die Gelegenheit genutzt werden, Zusatzpunkte im Vergleich zur Hinrunde zu sammeln; bisher ist die Zählerausbeute genauso schlecht wie beim verkorksten Saisonstart (zwei Punkte aus vier Spielen). Doch um zu siegen, braucht man mehr Tore als der Gegner. Eine einfache Fußballweisheit, an deren Umsetzung es an der Hafenstraße zuletzt haperte. Doch wie sagte Hempelmann im für mich bemerkenswertesten Satz der RWE-Woche: Bonan und Co. hätten „eine Reihe von Trainingsformen und taktischen Überlegungen entwickelt, die zur Behebung dieser Schwäche beitragen sollen.“ Sehr schön, damit fangen die ja früh an. Hoffen wir also, dass diese Geistesblitze bereits am Samstag am Deich Früchte tragen und endlich, endlich mal wieder ein rot-weisser Treffer bejubelt werden darf.
Es ist ein entscheidendes Spiel – für Bonan und für den Verein. Mit einem Sieg sitzt Bonan etwas fester im Trainerstuhl und man hat schnell wieder Anschluss an die überlebenswichtigen Tabellenplätze. Was bei einer Niederlage los wäre, daran möchte ich hinsichtlich der schon jetzt brisanten Stimmung lieber nicht denken. Klar ist, die Mannschaft ist gefordert. Die Spieler konnten sich bislang schön hinter der Diskussion um Bonan verstecken, nun müssen sie ihm einen Sieg schenken, um weiter mit ihrem Lieblingstrainer arbeiten zu dürfen. Dass sie es können, haben sie schon einige Male in dieser Saison bewiesen – es wird Zeit, dass sie es wieder tun.