Die Saison 2010/11 hätte so schön sein können für den VfL Bochum. Nach dem Abstieg aus der Bundesliga in der Spielzeit 2009/10, war der VfL kurz davor, den direkten Wiederaufstieg möglich zu machen.
Nach dem letzten Spieltag war jedoch klar: Der Weg zurück ins deutsche Fußballoberhaus muss über die Umleitung Relegation erfolgen. Einzig und allein das Torverhältnis hinderte Bochum daran, sich vor den FC Augsburg zu schieben.
Der Gegner aus der Bundesliga: Borussia Mönchengladbach. Die Fohlen retteten sich an den letzten Spieltagen auf den Relegationsplatz 16 und hatten mit Lucien Favre einen neuen Feuerwehrmann an Bord.
Auf Bochums Seite stand der Aufstiegsexperte schlechthin an der Seitenlinie. Friedhelm Funkel hatte zum damaligen Zeitpunkt bereits fünfmal den Wiederaufstieg als Trainer geschafft - nur eben direkt und nicht per Umweg über die Relegation.
VfL Bochum: Luthe überragt, dann kommt de Camargo
Am 19. Mai 2011 kam es zum ersten Showdown der beiden Kontrahenten. Im Borussia-Park sahen die Zuschauer eine Belagerung des Bochumer Tores. Andreas Luthe, der den Kasten bewachte, wurde fast schon minütlich geprüft. Es glich fast schon einem Wunder, dass es bis zur 90. Minute noch 0:0 stand.
Gladbach musste sich etwas einfallen lassen. Vor heimischem Publikum musste im Hinspiel eigentlich ein Erfolgserlebnis her - allein, um die Euphorie mitzunehmen. In der 67. Minute brachte Favre den Belgier Igor de Camargo für den eher blassen Mohamadou Idrissou. Ein Wechsel, der sich in der finalen Phase bezahlt machen sollte.
Luthe war wohl der beste Rückhalt, den man sich hätte vorstellen können. Die Offensivreihe der Borussia verzweifelte immer wieder am Schlussmann. Es lief die 90. Spielminute. Drei Minuten musste der VfL Bochum noch überstehen, ehe der Schlusspfiff ertönen sollte. Kaum jemanden hielt es noch in den Sitzen, als es der eingewechselte Igor de Camargo war, der in der 93. Minute das 1:0 erzielte.
Abermals war der Belgier zuvor am stark parierenden Luthe gescheitert. Mike Hanke verstolperte dann die Kugel und irgendwie landete der Ball halbhoch bei de Camargo. Gekonnt, fast schon per Hackenschuss, schoss er das Leder per Volley unter die Latte und entfachte eine Welle völliger Ekstase im Borussia-Park.
Borussia Mönchengladbach: Ter Stegen - Jantschke, Stranzl, Dante, Daems - Nordtveidt, Neustädter - Reus (84. Matmour), Arango - Hanke, Idrissou (67. de Camargo)
VfL Bochum: Luthe - Kopplin, Maltritz, Yahia, Ostrzolek - Johansson, Toski (83. Azaouagh), Dabrowski - Freier, Korkmaz (71. Federico), Aydin (46. Chong Tese)
Tore: 1:0 Igor de Camargo (90+3.)
Zuschauer: 54.057 (ausverkauft)
Mit der Energie der eigenen Fans lag die Hoffnung des Aufstieges damit in den Händen der Castroper Straße. Das Rückspiel am 25. Mai 2011 startete perfekt für den VfL. Nach 24 Minuten egalisierte Bochum das Hinspiel. Havard Nordtveidt fälschte den Schuss von Christoph Dabrowski ins eigene Tor ab.
Der Traum lebte wieder - jedoch nur solange, bis Marco Reus die Fohlen in der 72. Minute erlöste. Assistgeber zum alles entscheidenden 1:1: Igor de Camargo.
Borussia Mönchengladbach blieb damit erstklassig und entwickelte sich im Anschluss unter Favre zu einem Top-Team der Bundesliga. Der VfL Bochum fiel in den Folgejahren in ein sportliches Tief. In der Saison 2013/14 entkam man mit Endplatzierung 15 noch dem Abstieg in die dritte Liga. 2020/21 war es dann endlich so weit. Der lang erträumte Aufstieg wurde Realität.
Gladbach und Bochum wird diese Geschichte auf ewig in gewisser Weise verbinden. Die Relegationsspiele werden beiden Fanlagern noch lange in Erinnerung bleiben - ob positiv oder negativ. Legendär war dieses Aufeinandertreffen alle Mal. Weisse noch?