Uli Hoeneß bezeichnete einst den Aufstieg der SG Wattenscheid 09 in die höchste deutsche Spielklasse als "das Schlimmste, was der Bundesliga passieren konnte". Am drittletzten Spieltag ihrer ersten Bundesligasaison 1990/1991 besiegt Wattenscheid Hoeneß' FC Bayern 3:2 und versaut ihm damit die letzte Chance auf den Titel.
Am 24. Spieltag der Saison 1992/1993 empfängt die SG Wattenscheid 09 erneut den Tabellenführer aus München. Das Hinrundenspiel – zu Beginn der Wiesn-Zeit – endete 1:1. Souleyman Sané traf in der 90. Minute per Kopf. "Wir haben den Bayern bisschen die Wiesn-Zeit kaputt gemacht", meint der damalige Torjäger Marek Lesniak, "die haben gedacht, die gewinnen ganz locker, aber haben vergessen, ich spiele jetzt in Wattenscheid, nicht in Leverkusen."
Im Rückrundenspiel vor 25.000 Zuschauern im Lohrheidestadion, wo eine ganze Tribüne voll mit Bochumern und Münchenern besetzt war, gelingt Wattenscheid die Sensation: 2:0-Heimsieg. Lesniak besorgt den Endstand per Fallrückzieher. "Das war mein schönstes Tor. Einer von hundert Schüssen klappt. Manche warten ihr ganzes Leben auf so ein Tor. Es war kein Fallrückzieher wie bei Klinsmann oder Fischer, aber es wurde zum Tor des Monats gewählt", berichtet Lesniak.
Dieser Heimspielsieg gegen den FC Bayern München kann als einer der Höhepunkte der Wattenscheider Fußballgeschichte betrachtet werden. Das Traumtor von Lesniak kommt als die Krönung hinzu. Der 20-fache polnische Nationalspieler ist sich sicher: "So ein Spiel hatte die Mannschaft nie gemacht – weder davor noch danach. Wir hatten viele gute Spiele, aber dieses war das schönste Spiel der gesamten Wattenscheider Mannschaft!"
Manche haben nie wieder so gut Fußball gespielt wie an diesem Tag
Marek Lesniak
Als Beispiel nimmt Lesniak den Spielverlauf: "Wenn wir die Dinger machen, können wir schon in der ersten Halbzeit 3:1 führen. Nach unserem zweiten Tor, da kann ich mich erinnern, kurz nach meiner Auswechslung, da hat die Mannschaft den Ball über 30, 40 Stationen laufen lassen."
Die Wattenscheider unter Trainer Hannes Bongartz ließen Spieler wie Lothar Matthäus, Olaf Thon, Bruno Labbadia und Mehmet Scholl hinterherhecheln. "Natürlich haben die Bayern eine sehr gute Mannschaft gehabt, aber dieser Freitagabend war unser Abend. Jeder hat am Anschlag gespielt, manche auch über ihren Verhältnissen. Manche haben nie wieder so gut Fußball gespielt wie an diesem Tag", erzählt Lesniak. Letztlich wird der SV Werder Bremen Meister – unter anderem weil, der große FC Bayern aus zwei Spielen gegen Wattenscheid nur einen Punkt holen konnte.
Ebenso wie der legendäre 2:0-Heimsieg blieb vielen Menschen auch das 3:3 in der Folgesaison 1993/1994 in Erinnerung. Wie schon ein Jahr zuvor beginnt an diesem Spieltag die Wiesn-Zeit. Erneut heißt der Gegner im Münchener Olympiastadion Wattenscheid 09. Der "Bayern-Schreck" Lesniak trifft dreifach (!). "Wenn der Raimond Aumann (Torwart des FC Bayern, Anm. d. Red.) mich gesehen hat, der wollte nicht mehr in der ersten Elf stehen", sagt Lesniak scherzhaft, "aber Bayern-Schreck hin oder her, gegen München habe ich meine besten Spiele gemacht."