Es ist der erste Spieltag der Bundesliga-Saison 1992/1993. Die SG Wattenscheid 09 geht in ihr drittes Bundesligajahr. Stürmer Marek Lesniak, frisch aus Leverkusen gekommen, steht erstmalig für seinen neuen Verein auf dem Platz. Auf Schalke erwartet die Mannschaft ein mit 54.200 Fans gefülltes Parkstadion. Diese bekommen für ihr Eintrittsgeld ein Fußball-Spektakel geboten – mit Happy-End für Wattenscheid.
"0:1 hinten, 1:2 hinten, aber wir haben nie aufgegeben und deshalb gewonnen. Und so schlecht haben wir auch nicht gespielt", resümiert Lesniak grinsend. Letztlich gewinnt Wattenscheid 4:3. Marek Lesniak trifft doppelt gegen Jens Lehmann im Kasten der Schalker.
Für den Stürmer ein Einstand nach Maß: "Mein erstes Spiel für Wattenscheid und direkt zwei Tore. So ein Spiel vergisst man nicht so einfach." Eine besondere Euphorie konnte der Sieg in der Mannschaft jedoch nicht entfachen, betont der Torjäger: "Gegen Aufsteiger Uerdingen spielten wir danach 1:1, wir flogen im Pokal raus, aber man erinnert sich natürlich lieber an die schönen Momente im Fußball." Und davon gab es in der Saison 92/93 für Wattenscheid weitere.
17. Spieltag, Ende der Hinrunde, ein Freitagabend im Dezember: Im heimischen Lohrheidestadion sind die verhassten Stadtrivalen aus Bochum zu Gast. Die rangieren auf dem letzten Tabellenplatz. Wattenscheid ist Vorletzter. Wer schießt sich aus der Krise? Die Antwort: Die SGW.
"Wenn der Souleyman (Sané, Anm. d. Red.) alle Dinger macht, dann schießt er sechs Tore und nicht nur zwei", versichert Lesniak. "Dieses Spiel haben wir von der ersten bis zur letzten Minute dominiert und hochverdient 2:0 gewonnen."
Die Wunden, welche 1975 die Eingemeindung der bis dahin eigenständigen Kommune Wattenscheid ins ungeliebte Bochum hinterlassen hat, waren kurzzeitig vergessen. "Die Fans redeten monatelang über diesen Spieltag. Nach dem Spiel stand auch die Winterpause an, da haben die Wattenscheider immer was zu schnacken gehabt. Ein kleiner Verein gegen einen großen Verein, die große Stadt gegen einen Stadtteil. Deswegen war das so schön, die zuhause zu schlagen", erinnert sich Lesniak, "wir haben damals direkt eine große Feier in Wattenscheid gehabt. Die ganze Stadt ist ausgeflippt!"
Der damalige Präsident und Mäzen Klaus Steilmann bezeichnete das Datum des Sieges kurz vor seinem Tod als "einen der schönsten Tage meines Lebens". Lesniak dazu: "Wattenscheid hat nicht oft gegen Bochum gewonnen. Wenn Steilmann gesagt hat, das war ein schöner Tag, dann muss das so gewesen sein."