Der Europameister von 1964 zog durch ein hochverdientes 3:0 (0:0) gegen das Überraschungsteam aus Russland erstmals seit 24 Jahren wieder in das Endspiel eines großen Turniers ein und trifft am Sonntag (20. 45 Uhr/live in der ARD) in Wien auf das Team von Bundestrainer Joachim Löw.
Mittelfeldstar Xavi vom FC Barcelona (50.), der eingewechselte Daniel Güiza (73.) und David Silva (82.) sicherten der Seleccion im strömenden Regen die dritte EM-Finalteilnahme nach 1964 und 1984 und damit die Chance auf den ersten Titel seit 44 Jahren. Nach einem Pass seines kongenialen Partners Andres Iniesta lenkte Xavi vor den Augen von Kronprinz Felipe und Prinzessin Letizia den Ball aus sieben Metern zum 1:0 über die Linie. Güiza traf nach Zuspiel von Cesc Fabregas, Silva setzte den Schlusspunkt.
`Spanien hat viele hervorragende Einzelspieler. Mit Iniesta, Xavi, Fabregas oder David Villa verfügen sie über technisch ganz starke Leute, die ein Spiel allein entscheiden können´, lobte Löw die spielstarken Spanier, die im Viertelfinale den Weltmeister Italien im Elfmeterschießen ausgeschaltet hatten. `Sie haben in der Vorrunde absolut überzeugt und dann im Viertelfinale nicht ganz dieses Niveau halten können. Aber das ist ganz normal in so einem anstrengenden Turnier´, sagte Löw. Für Russland platzte vor 51.428 Zuschauern im Wiener Ernst-Happel-Stadion dagegen der Traum vom ersten Titelgewinn seit 1960.
Die Sbornaja, die zuvor mit ihrem Hochgeschwindigkeitsfußball begeistert hatte, scheiterte zum zweiten Mal in einem EM-Halbfinale. 1968 hatte nach einem 0:0 gegen Italien ein Münzwurf entschieden. Für Trainer Guus Hiddink war es sogar die dritte Halbfinal-Pleite nacheinander: Bei der WM 1998 schied der Niederländer mit seinen Landsleuten gegen Brasilien nach Elfmeterschießen aus, vier Jahre später scheiterte er mit Südkorea durch ein 0:1 gegen Deutschland.
Auch ohne ihren König Juan Carlos und dessen Gattin Sofia, die als Glücksbringer den Viertelfinalsieg verfolgt hatten, knüpften die Spanier an die starken Leistungen der vergangenen Spiele an. Allerdings mussten sie schon nach 35 Minuten ohne ihren gefährlichsten Stürmer auskommen. David Villa, der drei seiner vier Turniertore beim 4:1 gegen Russland 15 Tage zuvor in der Vorrunde erzielt hatte, schied verletzt aus. Der Stürmer des FC Valencia hatte in der Anfangsphase für die besten Offensivaktionen der Roten Furie gesorgt:
Zunächst setzte er seinen Sturmpartner Fernando Torres ein, der den russischen Torhüter Igor Akinfejew prüfte (6.). Dann versuchte es Villa selbst mit einem 20-Meter-Schuss vom linken Strafraumeck, doch wieder parierte der 22 Jahre alte Schlussmann von ZSKA Moskau (11.). Die Russen brauchten etwas länger, um auf Touren zu kommen. Die Sbornaja, bei der der Nürnberger Iwan Sajenko als einziger Legionär mitwirkte, konnte ihr gefürchtetes schnelles Kombinationsspiel zunächst nicht wie gewohnt aufziehen. Die Laufwunder aus Russland bekamen es allerdings auch mit der bis dahin besten Abwehr des Turniers zu tun: Der Einzug ins Halbfinale war der Seleccion mit nur drei Gegentreffern gelungen.
Es dauerte bis zur 31. Minute, bis Russland Offensivgeist zeigte. Torjäger Roman Pawljutschenko scheiterte mit einem 20-Meter-Schuss an Torwart Iker Casillas. Kurz darauf verfehlte der Angreifer von Spartak Moskau aus kurzer Distanz (35.) das Ziel. Bis dahin hatte sich die Sbornaja immer wieder in der aufmerksamen Deckung der Spanier verfangen. Nach dem 1:0 durch Xavi war die Seleccion die deutlich bessere Mannschaft. Torres hätte für die Entscheidung sorgen können, doch der Stürmer des FC Liverpool schlenzte zunächst den Ball am langen Eck vorbei (52.), dann scheiterte er nach einer Flanke von Sergio Ramos (63.).