Für Spieler wie Rafael van der Vaart oder Ivan Klasnic geht es beim zweitwichtigsten Turnier der Welt nicht nur um den Titel, sondern auch um hochdotierte Verträge. Die EM ist ein großer Marktplatz. "Die ganz Großen müssen nicht mehr in die Vitrine", sagt Spielerberater Michael Becker, der unter anderem den deutschen Nationalmannschafts-Kapitän Michael Ballack betreut. "Auf der höchsten Ebene sind Transfers von Turnieren unabhängig. Aber in der zweiten oder dritten Reihe ist das Geschachere da."
Für Portugals Ausnahme-Kicker Ronaldo hat die eher enttäuschende Vorstellung bei der EM mit dem Viertelfinal-Aus gegen Deutschland keine Auswirkung im Transferpoker mit Real Madrid. Die Königlichen sollen bereits sein, bis zu 100 Millionen Euro an Manchester United zu überweisen; 13 Millionen netto soll der derzeit beste Fußballer der Welt pro Jahr kassieren - trotz der EURO-Pleite. Ob der Transfer des Jahres zustande kommt und damit den 76 Millionen Euro schweren Umzug von Zinedine Zidane 2001 von Juventus Turin zu Real als teuersten Wechsel aller Zeiten ablöst, hängt nach Ronaldos eindeutigen Aussagen ("eine tolle Gelegenheit, das passiert dir nur einmal im Leben") wohl nur noch von der finanziellen Überzeugungskraft der Spanier ab.
Während Cristiano Ronaldo nach seiner sensationellen Saison mit Champions-League-Sieg, englischer Meisterschaft und 42 Pflichtspieltoren die EM als Laufsteg gar nicht nötig hatte, sind andere auf das Scheinwerferlicht in Österreich und der Schweiz angewiesen. Werder-Stürmer Klasnic, der Vizemeister Bremen unbedingt verlassen will, spielt im überraschend starken kroatischen Team für potenzielle neue Arbeitgeber vor. Der englische Erstligist Wigan Athletic, aber auch die Bundesligisten Hamburger SV und 1. FC Köln haben den Stürmer, der sein Comeback nach langer Pause und Nierentransplantation mit dem 1:0-Siegtor gegen Polen krönte, im Visier. "Diese Klubs haben nicht den Scouting-Apparat der Top Ten in Europa", sagt Becker: "Sie schauen schon bei einer EM genau hin, ob sie noch einen günstigen Transfer machen können."
Klasnics Teamkollege Ivan Rakitic von Schalke 04 hat aber auch das Interesse größerer Klubs geweckt. Inter Mailand, Juventus Turin und der FC Chelsea wurden als mögliche neue Arbeitgeber gehandelt. "Auch die großen Klubs haben immer Kleingeld für die Wundertüte und nehmen noch gerne eine Überraschung dazu", meint Becker. Das bestätigt auch Arsene Wenger, Trainer des FC Arsenal: "Wenn ich mich bei der EM in einen Spieler verliebe, dann kann es gut sein, dass wir ihn verpflichten."
Im Falle des Niederländers van der Vaart, der sich mit tollen Leistungen im Oranje-Team ins Rampenlicht spielte, müsste dieses Kleingeld aber eine zweistellige Millionensumme sein, um den HSV zu erweichen. Neben Arsenal sollen auch Chelsea, der FC Liverpool und Manchester United interessiert sein. Dass nicht nur Superstar Ronaldo auch ohne starke EM Begehrlichkeiten weckt, zeigt der Fall Mario Gomez. Der Stuttgarter, bislang ein Totalausfall bei der EURO, wird heftig von Bayern München und dem FC Barcelona umworben. "Da sind die Mechanismen außer Kraft gesetzt", sagt Becker, der Poker um den deutschen Nationalspieler sei "völlig leistungsunabhängig".
Ähnliches gilt auch für die Österreicher, die sich als schlechtester EM-Gastgeber aller Zeiten einen Platz in den Annalen sicherten. Nach dem Wechsel von Ümit Korkmaz zu Eintracht Frankfurt spekulieren auch Andreas Ivanschitz, der Angebote aus England und Russland hat, sowie Christian Fuchs, der zum VfL Bochum gehen will, auf eine Zukunft in einer großen Liga.