Obwohl der deutsche Rekordmeister Bayern München in allen Wettbewerben bisher absolut im Soll liegt, macht sich an der Säbener Straße in diesen Tagen eine gewisse Unzufriedenheit breit. Die Art und Weise wie die Mannschaft von Trainer Felix Magath derzeit spielt, wird beim momentanen Bundesliga-Primus bemängelt. Um eine Wende herbei zu führen, kommt die Champions-League-Partie gegen Inter Mailand (20.45 Uhr/live bei Premiere) "zur rechten Zeit", wie Mannschaftskapitän Oliver Kahn behauptet. "Es ist wichtig zu sehen, wo wir international stehen. Deshalb kommt der Partie besondere Bedeutung zu." Der Torwart steht vor seiner 100. Partie in der Champions League.
Geht es nach Kahn, dann müsste im Giuseppe-Meazza-Stadion, wo die Münchner 2001 den Titel in der "Königsklasse" gewannen, ein ganz anderer FC Bayern auftreten als in den bisherigen Saisonspielen. "Da sind wir mal ausnahmsweise nicht Favorit.", erklärt der Torhüter. Die Einschätzung teilt auch der Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, der von 1984 bis 1987 selbst das Trikot bei den nachträglich zum Meister ernannten Nerazzurri trug: "Wir sind nicht unbedingt Favorit, aber manchmal habe ich den Eindruck, dass das für unsere Mannschaft besser ist."
"Ich will in Mailand gewinnen"
Der selbst erklärte Außenseiter gibt sich trotzdem ganz schön kess. "Es läuft noch nicht alles so richtig rund", gestand Trainer Felix Magath nach dem glücklichen Bundesliga-Sieg gegen Aufsteiger Alemannia Aachen (2:1) ein, von mutigen Prognosen hält ihn das aber nicht ab: "Ich will in Mailand gewinnen - und ich weiß, wir können das." Auch Stürmer Claudio Pizarro, der am Mittwoch wohl gemeinsam mit Roy Makaay angreifen darf, behauptet: "Wir haben das drauf."
Für die Bayern, bei denen aller Voraussicht nach der junge Andreas Ottl den verletzten Owen Hargreaves in der zentralen defensiven Mittelfeldposition ersetzen wird, ist es jedenfalls eine gute Gelegenheit zu beweisen, dass sie besser sind, als ihr derzeitiger Ruf. Der Gegner könnte tatsächlich dazu beitragen, dass bei den Münchnern der Knoten platzt. "Bei uns herrscht derzeit eine gewisse Verunsicherung, die Mechanismen greifen nicht so ineinander wie das sein sollte", sagt Kahn.
Und deshalb wäre Rummenigge, der schon seit Montag in Mailand weilt und dort seinen 51. Geburtstag feierte, auch schon "mit dem einen oder anderen Punkt" aus den beiden Spielen in Mailand und darauf bei Sporting Lissabon (18. Oktober) zufrieden.
Inter unter Zugzwang
Doch Inter Mailand müht sich derzeit nicht weniger uninspiriert ab: Auch der große Meisterschaftsfavorit in Italien ist Tabellenerster, doch zum Auftakt der Champions League gab´s ein 0:1 in Lissabon. "Inter steht gehörig unter Druck. Das kann ein Vorteil für uns sein", glaubt Kahn.
Neben dem Meistertitel "muss es unser Ziel sein, die Champions League zu gewinnen", erklärte Klub-Chef Massimo Moratti. Inter ist in den beiden vergangenen Jahren allerdings ähnlich früh gescheitert wie der FC Bayern: Im Viertelfinale war jeweils Schluss.
45 Millionen für Neuzugänge
Um seinen Traum zu verwirklichen, hat Moratti noch einmal 45 Millionen Euro aus seinem Öl-Imperium in seinen Klub gepumpt, dafür hat er namhafte Angestellte wie Zlatan Ibrahimovic, Hernan Crespo oder Patrick Vieira bekommen. "Ob das deshalb die bessere Mannschaft ist, muss man abwarten", meinte Hoeneß, zumal Inter am Mittwoch auf den rotgesperrten Vieira verzichten muss.
Unklar ist, wen Trainer Roberto Mancini alternativ aufbietet. Der 41 Jahre Busenfreund von Klub-Chef Moratti gilt als unentschlossen, wohl mit ein Grund, weshalb auch das Mailänder Starensemble derzeit bisweilen wirkt wie ein Haufen unsicherer Kantonisten.