Marc Claußmeyer, was erwarten Sie als Team-Manager von Ihren Jungs am kommenden Sonntag? Wir wollen uns möglichst gut verkaufen und lange ein Wörtchen mitreden, wenn es um die Titelvergabe geht.
Die Strecke wurde im Vergleich zum Giro nur leicht abgeändert. Der Start- und Zielbereich ist jetzt auf der Königsallee, das wird ein richtig schöner Sprint werden. Nach der letzten Kurve liegen 800 leicht ansteigende Meter vor den Fahrern, das kann interessant werden. Allerdings werden die Beine nach 220 Kilometern schon schwer sein, denn der Kurs ist nicht mit denen der vergangenen zwei Jahre zu vergleichen. Die Anstiege haben es wirklich in sich und werden den Teilnehmern einiges abverlangen. Wenn es dann zum Start um 12 Uhr auch noch schön heiß ist, dann wartet auf das Feld eine ganz harte Herausforderung. Wer ist Ihr Favorit? Da fahren Rennställe mit einem ganz anderen Kaliber als wir. Vor allem Gerolsteiner, aber auch High Road werden vorne mitmischen. Aber so eine Deutsche Meisterschaft hat ihre eigenen Gesetze. Es ist schließlich nur ein Tagesrennen, bei dem alles passieren kann. Da hat man 30 Mann auf dem Block, aber Nummer 34 reißt plötzlich aus und kann nicht mehr eingeholt werden. Das macht es auch so spannend.
Wie sehen Sie die Chancen für Ihr Team? Es gibt drei Gesichter, die gut in Form sind und das Zeug haben, vorne mitzufahren. Eric Baumann hat zuletzt in Kanada durch hervorragende Leistungen überzeugt. Nach seiner Zeit als Helfer beim ehemaligen Team T-Mobile hat er jetzt die Chance selbst ins Rampenlicht zu fahren. Bei Andreas Schillinger könnte der Knoten endgültig platzen und Dirk Müller muss man seit seinem Sieg vor zwei Jahren immer auf dem Zettel haben. Natürlich sind wir durch den DM-Erfolg 2006 keine Unbekannten mehr. Wir werden wahrgenommen, da fällt ein unbemerkter Ausreißversuch schwer.
Kann man von einem Heimvorteil sprechen? Die Strecke ist sicherlich kein Vorteil, da die durch den Giro auch bei den anderen Fahrern bekannt ist. Ich hoffe, dass die Zuschauer unsere Mannschaft nach vorne peitschen werden. Das ganze Jahr hört man nur über die Medien was über das Team, jetzt kann man sich vor der Haustür präsentieren. Bleibt die Frage, ob das Publikum lieber die Heimfahrer anfeuert oder die ganz großen bekannten Namen. Ich hoffe natürlich auf ersteres.
Der Radsport hat eine schwere Krise durchmachen müssen. Hat die Welle an Doping-Enthüllungen und Geständnissen in der Profi-Szene für einen Einbruch der Popularität geführt? Das kann ich nicht feststellen. Die Begeisterung an den Strecken ist immer noch vorhanden. Einige Sponsoren haben sich zurückgezogen, aber da diente das Thema Doping manchmal auch als vorgeschobener Grund. Ich begrüße den eingeläuteten Reinigungsprozess. Auch die Zuschauer wollen doch sehen, dass die Betrüger erwischt werden. Diese Entwicklung ist positiv und zeigt, dass es nach vorne geht. Zumal ich es oft als Heuchelei empfinde, wenn der Fokus ausschließlich auf den Radsport gelegt wird. Auf der Liste von Fuentes standen noch viele andere Namen aus anderen Sportarten, aber da kümmert sich niemand drum.