„Den Titel verteidigen, warum eigentlich nicht“, erklärte der 28-Jährige, der sich vor Jahresfrist in Wiesbaden nach einer starken Leistung das Meistertrikot überstreifen durfte und damals jubelte: „Ein Traum ist für mich in Erfüllung gegangen.“ Am Sonntag soll dieser zum zweiten Mal Realität werden.
Das Lob von allen Seiten war dem Gerolsteiner-Profi nach der Triumphfahrt sicher. „Der Fabian hat es wirklich verdient“, sagte Christian Knees (Team Milram), der als Dritter hinter Patrick Sinkewitz und Wegmann nach fast 200 Kilometern über die Ziellinie gefahren war. Dieses Statement stand stellvertretend für die gesamte Elite der deutschen Radsportler. Wegmann ist nicht nur ein erfolgreicher Rennfahrer, sondern auch ein enorm beliebter. Der Wahl-Freiburger ist bescheiden geblieben, Starallüren scheinen ihm fremd zu sein.
Eine besonderer Anreiz vor dem Startschuss in Bochum: Wer im Revier gewinnt, trägt das Meistertrikot bei der am 5. Juli in der Bretagne beginnenden Tour de France.
In den letzten Jahren ist es zur Gepflogenheit geworden, dass die Teams den Titelträgern ein weiß lackiertes Rad zur Verfügung stellen. „Die Mechaniker hatten schon ihren Spaß. Ich solle doch einfach noch mal gewinnen, dann müssten sie nicht extra ein neues Rad anfertigen“, erklärt Wegmann seine besondere Beziehung zur Farbe „weiß“. Um scherzend hinzuzufügen: „Jetzt kann mich meine Freundin bei den Fernseh-Übertragungen schneller auf dem Schirm erkennen.“ Nötig ist diese optische Hilfe aber kaum, in den entscheidenden Phasen des Rennens gehört Wegmann ohnehin zu den prägenden Akteuren im vorderen Drittel des Pelotons.
Wie hatte das 59-kg-Leichtgewicht zu Beginn der Saison noch gesagt: „Es wäre schön, wenn ich in der Saison 2008 als nächstes Highlight einen Klassiker gewinnen könnte.“ Nach seinem Sieg beim „GP Indurain“ hat er schon ein Ziel erreicht. Aber Wegmann hat weitere Ziele: Eine Etappe bei der Tour de France steht ganz oben auf der Wunschliste, dazu vielleicht noch eine Medaille bei den Olympischen Spielen in Peking. Dass er die entsprechenden Fähigkeiten mitbringt, steht für die Fachwelt außer Frage. Sein Name taucht bei sämtlichen Eintagesrennen regelmäßig auf den Favoritenlisten auf.
Immerhin trug der gebürtige Münsteraner bereits das Bergtrikot beim Giro d'Italia und bei der Tour, die er in diesem Jahr bereits zum fünften Mal bestreitet.
Doch zunächst gilt die Konzentration der Mission Titelverteidigung – und in Bochum fühlt sich Wegmann schon fast wie ein Lokalmatador. Zumindest begrüßen ihn die Fans bei seinen Auftritten beim Sparkassen-Giro immer enthusiastisch. Er kennt sich also aus in der Stadt, auch wenn das Fazit nach der ersten Testfahrt zurückhaltend ausfiel: „Die Strecke ist schwerer geworden, keine Frage.“
Vor zwei Jahren wurde Wegmann Dritter in Bochum und bilanzierte damals: „Ich habe das Gefühl gehabt, als ginge es ständig bergauf und bergab und dass wir stets Gegenwind hatten.“
Was man nur als Lob verstehen kann. Die Runde hat es in sich, Zufallssieger sind da nahezu ausgeschlossen. Das dürfte dem Alleskönner Wegmann durchaus liegen.