Jörn Nowak ist am 20. Mai 2019 als Sportdirektor bei Rot-Weiss Essen angetreten. Nach zwei hervorragenden Jahren bei Rot-Weiß Oberhausen hatte sich Nowaks erfolgreiche Arbeit herumgesprochen. RWE schlug zu und lockte den Ex-Profi von RWO zu RWE. Der Auftrag, den die Essener dem neuen Sportchef in die Hand gedrückt hatten, war klar formuliert: Nowak sollte RWE in die 3. Liga führen.
Nach drei Jahren Amtszeit kann der 36-jährige gebürtige Erfurter stolz behaupten, dass er es geschafft hat. Nach Platz zwei (2019/2020, zehn Punkte Rückstand auf Rödinghausen, Anm. d. Red.) und der erneuten Vize-Meisterschaft (2020/2021, drei Zähler hinter Borussia Dortmund II) gelang Rot-Weiss Essen 2021/2022 der große Wurf. Und damit auch Jörn Nowak, der zwischendurch mit einem Vertrag bis zum 30. Juni 2025 ausgestattet wurde. Auch in Essen, das beweist der langfristige Kontrakt, wird die Arbeit des ehemaligen RWO-Kapitän geschätzt.
Niederrheinpokal-Sieg 2020
Niederrheinpokal-Halbfinale: 2021, 2022
DFB-Pokal: Viertelfinale 2020/2021
Regionalliga - Platz zwei: 2019/2020
Regionalliga - Platz zwei: 2020/2021
Regionalliga-Meister und Aufstieg in die 3. Liga: 2021/2022
RevierSport hat mit Nowak, der zwei Wochen vor Saisonende Christian Neidhart beurlaubt hatte und die Teamchef-Rolle übernahm, über die vergangenen Wochen und die Veränderungen, die nach der Neidhart-Entlassung vollzogen wurden, gesprochen.
Jörn Nowak, was ist eigentlich anstrengender gewesen? Das Party-Wochenende oder die ersten Tage danach und die Gespräche mit den Beratern?
Das Party-Wochenende hielt sich tatsächlich in Grenzen. Das hat sich eigentlich auf den Samstagabend begrenzt. Am Sonntag standen dann noch die offiziellen Feierlichkeiten im Rathaus an. Seit Montag ging es dann wieder in den Alltag. Die Party war schon anstrengend, aber jetzt geht es schon seit Tagen auch mit der ebenfalls anstrengenden, aber auch schönen Arbeit weiter.
Im Ernst: Wie erleichtert sind Sie, dass das Ziel nach ihren drei Jahren bei Rot-Weiss Essen erreicht wurde?
Ich glaube, dass ich mich im ersten Moment schon gefreut habe, dass wir das endlich geschafft haben. Vor allem auch die Vorfreude auf das, was jetzt kommt. Die 3. Liga ist da schon eine andere Welt. Es war deshalb schon ein Glücksgefühl, das ich empfunden habe. Dafür sind wir hier vor drei Jahren auch schließlich angetreten. Aber natürlich ist auch nach solch einer Saison, in der einige Konfliktsituationen zu meistern waren, ein Stück weit Erleichterung dabei. Die Entscheidungen, die wir getroffen haben, zeigten Wirkung und führten letztendlich zu dem Ausgang, den wir uns erhofft und vorgestellt haben.
Christian Neidhart hat vor dem Spiel gegen Wuppertal gesagt, dass RWE "All in" gehen würde. Sind Sie mit der Entlassung auch "All in" gegangen? Denn stellen Sie sich mal kurz vor, RWE wäre nicht aufgestiegen... Mir war natürlich bewusst, dass ich ein persönliches Risiko eingehe, dass ich einen persönlichen Schaden davontragen kann. Aber das hat mich nicht interessiert. Denn ich stelle mich nicht in den Vordergrund, es geht nicht um mich, es geht immer nur um den Verein, um unser Saisonziel. Dementsprechend hat die Überzeugung überwogen, dass wir noch einmal einen Impuls setzen müssen. Aber ich war mir natürlich im Klaren, dass das auch zu einem Bumerang werden kann.
Ich habe in den zwei Wochen eine gelockerte, eine motiviertere Mannschaft gesehen, die fokussiert war und letztendlich sich mit dem großen Ziel belohnt hat. Trotzdem wiederhole ich das hier nochmals: Christian Neidhart ist Rot-Weiss Essens Aufstiegstrainer der Saison 2021/2022 und wird das immer bleiben.
Jörn Nowak
Kann man es so sagen: Dass der Mensch Jörn Nowak gerne mit Neidhart weitergemacht hätte, aber der RWE-Sportdirektor Jörn Nowak das nicht mehr wollte?
Ich bin generell ein Mensch, dem Trennungen schwer fallen. Auch wenn man Spielern mitteilen muss, dass der Vertrag nicht verlängert wird. Aber in meiner Position ist es gefordert, dass ich kühle, sachliche Entscheidungen treffe. Christian und ich hatten ein gutes Verhältnis, daher fiel mir diese Entscheidung zu diesem Zeitpunkt besonders schwer.
Zu welchem Zeitpunkt der Saison kamen bei Ihnen die ersten Zweifel - und wann waren Sie sich sicher, dass das Ding gerockt wird?
Den Moment, dass es uns aus dem Ruder laufen könnte, den gab es in dieser Härte nie. Sonst wären wir schon vorher gezwungen gewesen zu handeln. Es gab immer wieder mal Dellen in unserer Saison. Wir haben aber auch immer eine gute Basis gefunden auf unseren Weg zurückzufinden. Wir sind in dieser Saison vor viele Herausforderungen gestellt worden, aber wir haben es irgendwie immer geschafft, das gemeinsam zu meistern und gestärkt aus diesen Situationen zu kommen. Es gab nie diesen Punkt, an dem ich gedacht habe, dass wir das nicht packen könnten. Ich war immer vom Erreichen unseres großen Ziels überzeugt.
Was haben Sie eigentlich in den 14 Tagen als Teamchef in der Mannschaft bemerkt?
Die Mannschaft hat ein verändertes Gesicht gezeigt. Rund um dieses Wuppertal-Spiel, das wir verloren haben und im Pokal ausgeschieden sind, haben wir gespürt, dass die Mannschaft diesen Glauben, der vonnöten für den Erfolg ist, verloren hat. Nach dem Trainerwechsel haben wir versucht, der Mannschaft wieder Mut, Glaube und Positivität mitzugeben. Und ich glaube, dass uns das gut gelungen ist. Ich habe in den zwei Wochen eine gelockerte, eine motiviertere Mannschaft gesehen, die fokussiert war und letztendlich sich mit dem großen Ziel belohnt hat. Trotzdem wiederhole ich das hier nochmals: Christian Neidhart ist Rot-Weiss Essens Aufstiegstrainer der Saison 2021/2022 und wird das immer bleiben.
Dann entfuhr mir ein kurzer Jubelschrei, mitten im Wald (lacht). Aber direkt danach kam dann auch der erste klare Gedanke, dass das für meine persönliche Situation nach der Entscheidung natürlich noch mehr Druck bedeutet.
Jörn Nowak
Was ging eigentlich in Ihnen vor, als Sie vom 0:0 Preußen Münsters in Wiedenbrück erfuhren?
Ich habe es am RevierSport-Ticker nach der 65. Minute und dem Platzverweis für Wiedenbrück nicht mehr ausgehalten. Da bin ich spazieren gegangen und habe auch nicht mehr auf das Handy geschaut. Erst wieder nach dem Spiel. Dann entfuhr mir ein kurzer Jubelschrei, mitten im Wald (lacht). Aber direkt danach kam dann auch der erste klare Gedanke, dass das für meine persönliche Situation nach der Entscheidung natürlich noch mehr Druck bedeutet. Aber der Gedanke, dass wir in Lotte gegen Rödinghausen patzen könnten, ist auch wieder ganz, ganz schnell verflogen. Und wir haben die Aufgabe ja sehr gut gelöst. Und noch eines kann ich verraten: In der Vorbereitung auf das Rödinghausen-Spiel hat das Münster-Ergebnis vom Freitagabend gar keine Rolle gespielt. Wir haben das überhaupt nicht erwähnt. Dennoch hat es uns natürlich Rückenwind für die Aufgabe gegeben.
Was haben Sie denn mit dem Trainerteam nach dem Neidhart-Aus genau verändert?
An dieser Stelle möchte ich mich auch noch einmal beim Trainerteam um Lars Fleischer, Carsten Wolters, Fabio Audia, Manuel Lenz, Sven Linnemann, Clara Fabry und Vincent Wagner bedanken. Sie haben einen super Job gemacht. Sie haben mir den Rücken freigehalten und ich konnte viele Gespräche mit den Spielern führen. Ich habe versucht in die Köpfe der Spieler zu kommen, ihnen viel Selbstvertrauen und die nötige Lockerheit zu geben. Die Aufstellung haben wir auch ein wenig verändert. Wir haben Felix Bastians in die Abwehrzentrale gezogen, Felix Herzenbruch dafür nach links. Cedric Harenbrock haben wir alleine auf der Zehner-Position mehr Freiräume gewährt. Isaiah Young haben wir von links auf rechts gezogen, damit er noch mehr Druck ausübt. Ich denke, dass diese Änderungen in den zwei Spielen gut funktioniert haben.