Beinahe nach Belieben traf Niklas Castelle in der Hinrunde in der Landesliga. 24 Tore erzielte er in 16 Einsätzen für den VfL Senden. Dieser starke Wert öffnete dem 19 Jahre alten Stürmer die Tür zu seinem Lieblingsverein FC Schalke 04. Castelle wechselte in der Winterpause aus der siebten Liga in die U23 der Königsblauen, nachdem er die Verantwortlichen als Probespieler überzeugt hatte. Und das Vertrauen zahlt er bislang zurück: Castelle erlebte ein Traumdebüt mit einem eigenen Tor und stand bislang in jedem Spiel in Schalkes Startelf. Vor dem Regionalliga-Heimspiel gegen den Wuppertaler SV am Sonntag (14 Uhr, RS-Liveticker) spricht der Münsterländer bei RS über seinen Wechsel und Werdegang.
Das war Weltklasse. Gerade in dem Stadion zu spielen, in dem ich schon als Kind auf der Tribüne gejubelt habe.
Niklas Castelle über den Einsatz gegen RWE in der Schalke-Arena
Niklas Castelle, in der Hinrunde haben Sie noch in der Landesliga gespielt, jetzt stehen Sie für Schalkes U23 auf dem Platz. Haben Sie den steilen Aufstieg schon verarbeitet?
Mittlerweile schon, aber es waren zuletzt ziemlich aufregende und schnell vorbeiziehende Wochen für mich. Das Interesse von Medien und Spielerberatern an meiner Person ist schon gestiegen, daran muss ich mich noch etwas gewöhnen. Dass es so kommen würde – damit hätte ich niemals gerechnet. Umso glücklicher bin ich, denn für mich ist ein Traum in Erfüllung gegangen.
Sie standen bisher in jedem Spiel in der Startelf. Wurde Ihnen eine Rolle als Stammspieler in Aussicht gestellt?
Davon bin ich selbst überrascht. Ich freue mich sehr über jede Spielminute. Für jemanden, der aus der siebten Liga kommt, sind diese Einsatzzeiten sicher nicht selbstverständlich. Ich versuche einfach, mich in jedem Training reinzuhauen und mich anzubieten.
Bei Ihrem Pflichtspiel-Debüt gegen Borussia Mönchengladbach II haben Sie prompt getroffen. Wie haben Sie den Moment erlebt?
Es gibt keine Worte, die das beschreiben könnten. Meine Familie war sogar vor Ort, wir sind alle Schalke-Fans – nur mein Vater nicht, er drückt ausgerechnet Gladbach die Daumen. Aber mittlerweile hat er mir den Treffer und meinen Wechsel zu Schalke auch verziehen (lacht). Schöner hätte ich mir den Einstand nicht ausmalen können.
Vor zwei Wochen haben Sie gegen Rot-Weiss Essen vor knapp 3000 Zuschauern in der Veltins-Arena gespielt. Ihr bisheriges Highlight als Fußballer?
Absolut, das war Weltklasse. Gerade in dem Stadion zu spielen, in dem ich schon als Kind auf der Tribüne gejubelt habe. Meine Familie und Freunde waren alle da. Das war auf jeden Fall die Vorstufe meines großen Fußballertraums.
Und der lautet?
Für die Profis in der vollbesetzten Arena auflaufen zu dürfen. Deshalb fand ich das Angebot von Schalke auch so reizvoll. Es gab zuletzt viele Beispiele von Spielern aus der U23, die den Sprung nach oben geschafft haben.
Neben dem Fußball durchläuft Niklas Castelle eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann. Freizeit bleibt dem Angreifer, der zwischen dem Schalker Trainingsgelände und seiner Heimat Senden pendelt und täglich rund 120 Kilometer unterwegs ist, derzeit kaum. Er nimmt es positiv: „Ich bin jung und verfolge meinen Traum. Da bin ich auch bereit, Opfer zu bringen.“
Hat der Verein Ihnen vor Ihrer Verpflichtung eine Perspektive fürs Profiteam aufgezeigt?
Explizite Gespräche dazu gab es nicht – aber das hätte ich auch gar nicht gewollt. Ich möchte einfach bestmögliche Leistungen in der U23 bringen. Und wenn das „oben“ registriert werden sollte und ich zum Beispiel mal mittrainieren dürfte, dann wäre das super. Direkten Kontakt gab es bisher aber noch nicht.
Sie haben den Verein als Gastspieler während der Winterpause überzeugt. Ein erstes Vorspielen im letzten Jahr lief hingegen weniger erfolgreich...
Das war gar nichts. Ich war viel zu aufgeregt, hatte vorher noch nie ein Probetraining absolviert. Ich habe im Training und in einem Testspiel sehr schlecht performt und war mir sicher, dass sich die Sache damit erledigt hat.
Wurde Ihnen das damals auch so gesagt?
Nein, aber jetzt muss ich mir natürlich hier und da ein paar Sprüche von meinen Teamkollegen anhören.
Warum hat es im zweiten Anlauf dann geklappt?
Ich habe mich sehr gefreut, dass ich noch mal eingeladen wurde und durfte auch gleich 14 Tage mittrainieren. Ich hatte mir vorgenommen, mir keinen Druck zu machen. Zudem wusste ich schon in etwa, was mich erwartet, habe auch die Jungs besser kennengelernt und ein gutes Gefühl gehabt. Ich bin ohnehin jemand, der sich wohlfühlen muss, um das Beste aus sich rauszuholen.
Wie fiel das Feedback Ihrer früheren Teamkollegen zu Ihrem Wechsel aus?
Ich glaube, die Jungs und mein alter Trainer sind alle fast so stolz wie ich. Sie gönnen mir das aus vollen Stücken, da gibt es keinerlei Missgunst in der alten Mannschaft und im Freundeskreis.
Der Sprung aus der Jugend zu den Senioren war schon in der Landesliga groß, aber jetzt ist es noch mal eine ganz andere Dimension.
Niklas Castelle über den Wechsel von der Landes- in die Regionalliga
Haben Sie noch viel Kontakt nach Senden?
Ich bin fast jeden Tag am Platz, wenn ich es zeitlich schaffe, schaue abends beim Training zu und fahre auch zu den Spielen, falls es passt. Egal ob heim oder auswärts.
Wie kam es, dass Sie überhaupt so lange in Senden gespielt haben? Sie haben doch sicherlich schon früher auf sich aufmerksam gemacht. Über die Jahre haben immer mal wieder Vereine angeklopft, auch aus höheren Ligen. Aber ich habe mich einfach wohlgefühlt, da ich mit meinem Bruder und meinen Freunden zusammengespielt habe. Es hat einfach Laune gemacht. Bis zur U14 habe ich für Preußen Münster gespielt. Dort habe ich aber wenig Einsatzzeit bekommen und nicht wirklich ins System gepasst. So habe ich irgendwann den Spaß am Leistungsfußball verloren.
Und jetzt wiedergefunden?
Definitiv. Auf Schalke habe ich Spaß am Fußball und kann höherklassig spielen – besser geht es nicht. Die Jungs sind super, ich verstehe mich gut mit dem Trainerteam und es ist mein Herzensklub. Darum hatte Schalke auch einen klaren Vorteil gegenüber anderen Interessenten.
Deckt sich das Niveau in der Regionalliga mit Ihren Erwartungen?
Der Sprung aus der Jugend zu den Senioren war schon in der Landesliga groß, aber jetzt ist es noch mal eine ganz andere Dimension. Man hat kaum Zeit am Ball und nur Sekundenbruchteile, um Entscheidungen zu treffen. Jeder Fehler wird sofort bestraft.
Anders als einige Teamkollegen sind Sie nicht den Weg durch ein NLZ gegangen. Sehen Sie Unterschiede?
Es gibt Vor- und Nachteile. Mir tat es vermutlich gut, nicht in ein bestimmtes System gepresst zu werden. Ich konnte mich frei entwickeln und mir meinen eigenen Stil aneignen. Mit Blick auf die Einstellung merke ich aber, dass viele Spieler abgezockter sind als ich. In dieser Hinsicht muss ich mich noch verbessern.
Die U23 ist gut in die Rückrunde gestartet, zuletzt gab es zwei Niederlagen. Was ist das Ziel für den Rest der Saison?
Wir wollen unser Bestes geben, so viele Punkte wie möglich holen und unserem Trainer Torsten Fröhling (verlässt Schalke am Saisonende, d. Red.) einen schönen Abschluss bieten.
Und wie lautet Ihr langfristiges Ziel im Fußball?
Ich würde gerne so lange wie möglich Schalker bleiben – vorausgesetzt, der Verein möchte das auch.