RS sprach mit dem Chefcoach der SGW über den Konkurrenzkampf, die neue Rolle der 09er und mögliche Probleme mit der herrschenden Erwartungshaltung.
André Pawlak, ist der Konkurrenzkampf in dieser Saisonvorbereitung so intensiv wie noch nie zuvor?
Konkurrenzkampf gibt es immer. Wenn man neue Leute dazu holt, dann holst du sie ja nicht, um dich in der Breite zu verstärken, sondern im Eins-zu-eins. Oder auch, um mal einen Etablierten ersetzen zu können. Unsere Neuen üben Druck aus und das gefällt mir.
Wie hat die Integration der Neuen denn geklappt?
Das hat problemlos funktioniert. Zum einen kenne ich die Spieler ja auch schon eine Weile, Kevin Kisyna und Mike Hibbeln sowieso, Fatlum Zaskoku und Berkant Canbulut kannte ich aus der Oberliga. Deshalb gab es da keine Zweifel, charakterlich passt alles, das gilt auch für die beiden jungen Spieler. Auch ins Spielsystem passen alle, Canbulut hat sich da hervorgetan, Serafettin Sarisoy hat ein bisschen Druck und das ist gut.
Wie beurteilen Sie die Ergebnisse?
Die Ergebnisse sind zufriedenstellend gewesen, es gab eine Niederlage gegen Kray - wenn man die Partie gegen Düsseldorf als "Highlight-Spiel" mal außen vor lässt. Münster sehe ich anders, die sind eine Liga höher. In Kray waren wir körperlich am Tiefpunkt, die Niederlage war auch in Ordnung.
Inwiefern haben Sie schon eine erste Elf im Kopf?
Da machen mir die Spieler die Entscheidung extrem schwer. Ich werde mich für sieben oder acht Säulen entscheiden und daneben dann auf die Form, Verletzungen und Sperren reagieren. Nächste Saison gibt es ja auch die Sperre nach der fünften Gelben und nach einer Gelb-Roten Karte - das sind Dinge, die uns neu treffen. Deshalb bin ich froh, dass ich so einen ausgeglichenen Kader habe. Alle sind total leistungsbereit und ziehen mit - aber langsam fangen die Ersten auch an zu überlegen, wie ihre Chancen stehen. Aber das ist normal im Fußball, auch ich kann in Wattenscheid nur 14 Spieler einsetzen, da habe ich als Aufsteiger auch keine Sonderrechte. Für diejenigen, die nicht im Kader sind, obwohl sie fit sind, ist es dann sicher nicht einfach. Aber das dann in Leistung umzusetzen ist die Kunst des Trainers und das hat in den letzten Jahren hervorragend funktioniert.
Inwiefern sind Sie über die kommenden Gegner informiert?
Wir haben einen ordentlichen Trainerstab, der die Gegner beobachtet. Wir werden jeden Gegner gesehen haben, bevor wir gegen ihn spielen. Wir sind nicht so breit aufgestellt und haben keine riesige Scouting-Abteilung, aber dann muss ich auch mal einen Samstag opfern, an dem ich frei habe. Aber das tue ich gerne und meine Kollegen machen das ebenfalls. Wir werden immer vorbereitet sein. Letztlich beschäftigen wir uns vor allem aber mit uns selbst und schauen auf unsere eigenen Stärken.
Wattenscheid 09 ist in der Regionalliga plötzlich in einer ganz anderen Rolle: Nicht mehr der Favorit, sondern der Underdog...
...endlich! Endlich mal nicht Favorit (lacht)! Ich finde die Situation ganz angenehm, dass wir nicht jede Woche den Druck haben, gewinnen zu müssen. Klar müssen wir unsere Spiele gewinnen, um den Klassenerhalt zu schaffen, dafür brauchst du auch 40 Punkte und dementsprechend viele Siege. Der Druck ist also immer da. Aber ich bin trotzdem ganz froh, dass man auch mal mit einer defensiveren Grundordnung in ein Spiel gehen kann - weil ich weiß, dass wir im Konterspiel sehr stark sind und schnelle Leute haben, die sehr gut umschalten können. Ich glaube, dass es der Mannschaft gut tut, nicht den permanenten Siegesdruck zu haben.
Die SGW ist allerdings vom Erfolg verwöhnt. Jetzt kann es aber auch mal eine längere Durststrecke geben, oder?
Das größte Problem, das uns droht, wird sein, Ruhe zu bewahren. Ich bin jetzt drei Jahre hier und wir haben 70 oder 75 Prozent aller Spiele gewonnen. Jetzt müssen die Fans, die Leute im Verein und auch die Mannschaft darauf gefasst sein, dass so eine Phase kommen kann, in der es nicht so läuft. Wir werden natürlich dagegen ankämpfen, so eine Phase zu bekommen, denn wir wollen ja nicht nur sagen "Ach, es war schön in Aachen, es war schön in Essen", sondern drin bleiben. Der wichtigste Appell an alle ist, daran zu denken, wo wir herkommen, sich zu fragen, wo wir vor drei Jahren standen und in welcher Liga wir gespielt haben. Wir haben Selbstvertrauen, die Mannschaft kann die Liga packen. Aber die oberste Priorität lautet: Ruhe bewahren!