Wir schreiben die 80. Minute: Die Geschichte eines typischen 0:0 ist eigentlich längst erzählt. Rot-Weiss Essen und Eintracht Trier hatten sich eine äußerst magere erste Hälfte zusammegekickt, nach den zumindest im Ansatz brauchbaren Kontern hat die Eintracht in Durchgang zwei jedoch ihr Offensivspiel völlig eingestellt. Und was war mit Rot-Weiss Essen los? Bis dahin äußerst wenig. 45 Minuten lang kamen die Hausherren vor 5017 Zuschauern überhaupt nicht in den Vorwärtsgang. Das wurde nach der Pause, vor allem durch die Einwechslung von Alassane Ouedraogo besser, aber nicht gut. RWE suchte händeringend und vor allem vergebens nach so etwas wie Durchschlagskraft.
Zumindest etliche Standardsituationen konnte sich das Team von Ralf Aussem und Uwe Erkenbrecher erarbeiten, denen es jedoch meist entweder an Präzision oder dem passenden Adressaten mangelte. Doch dann sind wir bereits in jener 80. Minute. Wunderlich legte sich das Leder zurecht, zirkelte den Ball passgenau in die Maschen und das Herz des tapfer kämpfenden Tabellen-Vorletzen. Ein Tor der Marke "künstlerisch wertvoll", das eigentlich so gar nicht zu der erdigen Vorstellung der beiden Teams passen wollte. Zwar musste RWE-Keeper André Maczkowiak noch einmal sein ganzes Können aufbieten, um einen Kopfball des Trierers Gustav Schulz über die Latte zu lenken (88.). Der Rest war Jubel. Die Ergebniskrise nach zwei Punkten aus den letzten drei Partien ist damit zwar beendet, um auch fußballerisch wieder in die Spur zurückzufinden, bedarf es aber doch noch ein wenig mehr.
André Maczkowiak (Foto: mmb).
Vor allem die Offensive muss diskutiert werden. Erkenbrecher kam nicht umhin zu bemerken: "Da tun wir uns eindeutig schwer. Trotz aller Einzelgespräche und Trainingsarbeit stoßen wir irgendwann an Grenzen. Es ist umso erfreulicher, wie viele Punkte wir so geholt haben, aber auf Dauer kann man damit nicht zufrieden sein."
Für den Moment zählte aber erstmal der Dreier: "Wir haben uns vorgenommen, zu Null zu spielen und Geduld zu haben. Notfalls auch bis zur 87. oder 88. Minute", verriet Aussem. "Und ich schnalze lieber mit der Zunge, nachdem wir drei Punkte geholt haben, als wenn wir eine Halbzeit lang toll spielen aber am Ende nur einen oder gar keinen Punkt haben."
Dem würde sich Triers Trainer Reinhold Breu vorbehaltlos anschließen. Den Moselstädtern steht das Wasser nach dieser Niederlage bis zum Hals, doch der Coach macht klar: Kapitulation gilt nicht! "Ich kann der Mannschaft keinen Vorwurf machen. Aber die letzte Entschlossenheit hat gefehlt. Ich werde auf keinen Fall zulassen, dass wir uns jetzt schon aufgeben", kündigte Breu an. Vielleicht können sie ja wenigstens etwas Zuversicht von der Hafenstraße mitnehmen. Schließlich ist die individuelle Klasse der Eintracht vermeintlich viel zu hoch, um überhaupt etwas mit dem Abstiegskampf zu tun zu haben. Zwar garantiert die Qualität des Einzelnen beileibe keinen mannschaftlichen Erfolg, manchmal entscheidet sie aber Spiele und kann so ein ganzes Team mitreißen.