Sven Barton kann ein Lied davon singen. Der damalige Herner Shootingstar war 21 Jahre jung, stand in den Notizblöcken der Zweitligisten Union Berlin und LR Ahlen - und auf der Streichliste des Trainers. Denn Barton hatte sich aus Jux in einem Abschlusstraining eine auf dem Rasen liegende Vogelfeder ins Haar gesteckt. „Danach hatte mich Morais des Trainings verwiesen. Ich sollte nur noch Runden laufen und auf der Tribüne sitzen. Der Mann hatte nicht mitbekommen, dass das Oberliga war und dass wir aus Spaß gespielt haben“, bemerkt Barton, der mittlerweile für den FC Brünninghausen kickt.
Das war auch der Grund, warum Morais nur sechs Pflichtspiele lang in Herne blieb. Er war geprägt von der Zeit als Assistent von Jupp Heynckes bei Benfica und hatte eine ganz konkrete Idee vom Fußball. Sein Fehler war, dass er nicht erkannte, dass sich diese Idee nicht mit Freizeitkickern umsetzen ließ. So war es schnell wieder vorbei mit der Internationalität am Schloss Strünkede. Morais’ Bilanz liest sich äußerst mittelmäßig: zwei Siege, zwei Unentschieden, zwei Niederlagen, 10:12 Tore - mehr Durchschnitt geht kaum.
Doch Morais wurden nicht die nackten Zahlen zum Verhängnis, sondern seine Nähe zu Mitov. Der Funktionär, den SCW-Präsident Jürgen Stieneke eigentlich schon als seinen Nachfolger auserkoren hatte, machte einen entscheidenden Fehler: Er musterte Marco Slupek aus. „Mitov wollte noch einige seiner Klienten in Herne unterbringen, aber dazu mussten erst welche gehen. Ich war eines der Bauernopfer und sollte freigestellt werden, aber ich habe mich gewehrt“, sagt Slupek. Als Stienecke im August 2002 Wind von der Sache bekam, wütete er: „So kann man mit Leuten nicht umgehen“. Schließlich beurlaubte er Mitov.
Kurz darauf warf Morais das Handtuch. Die einen sagen: Weil er ohne Mitov nicht weitermachen wollte. Slupek behauptet: „Die beiden hatten sich vorher zerstritten. Morais ist gegangen, weil Mitov ihm eine Oberliga-untaugliche Mannschaft hingestellt hatte.“ Was hingegen sicher verbrieft ist: Mislintat und Schnier beerbten Morais zunächst einige Wochen interimsweise und wirkten danach wieder als Assistenten, ehe sie selbst im Dezember 2002 beurlaubt wurden. Zu diesem Zeitpunkt lebte Morais noch in Herne.
Schließlich war er gerade erst in seine Mietwohnung eingezogen, nachdem er zunächst bei Mitov gewohnt hatte. Um sich die Wartezeit bis zum nächsten Angebot zu vertreiben, heuerte der Portugiese als Co-Trainer der Schalker D-Jugend an. Auch dieses Intermezzo dauerte nur wenige Wochen. Denn im Januar 2003 ergab sich tatsächlich eine neue Chance: Er übernahm den Trainerposten beim Regionalliga-Schlusslicht Dresdner SC. Dort konnte er seine Ideen schon eher umsetzen, auch mithilfe von insgesamt sechs Fußballern aus seinem Heimatland, die er nach Sachsen lotste. Trotzdem stand am Saisonende der Abstieg aus der dritten Klasse.
Damit hatten sich auch die Hoffnungen von Morais zerschlagen, in Deutschland Fuß zu fassen, nach gerade mal einem Jahr mit drei Vereinen. „Wir hatten ab und zu telefoniert und lange über Fußball gesprochen. Aber als er nach Portugal ging, brach der Kontakt ab“, berichtet Mislintat. Erst vor dem ersten Champions-League-Spiel zwischen dem BVB und Real Madrid in dieser Saison wurde Mislintat klar, wohin es seinen ehemaligen Weggefährten verschlagen hatte: „Ich habe mich lange gefragt, ob er wirklich der Co-Trainer von Mourinho ist, da sein Name nicht so selten ist.“
Morais ist es. Bereits im Oktober 2009 lotste Mourinho seinen Landsmann zu Inter Mailand und nahm ihn wenig später zu Real Madrid mit. Dass er nun an der Seite von „The Special One“ arbeitet, hat er freilich nicht seinen fußballerischen Abenteuern in Herne oder später in Tunesien, im Jemen und in Schweden zu verdanken: Mourinho lernte er schon bei Benfica kennen, lange bevor er am Schloss Strünkede scheiterte.