Vielleicht liegt das ja auch am Umgang mit dem leitenden Personal. Vor knapp elf Jahren vergraulte der Traditionsverein zwei Männer, die heute vom Einzug ins Champions-League-Finale träumen dürfen.
José Morais wirkte im Sommer 2002 noch nicht einmal vier Monate als Chefcoach in Herne. Heute ist er der Co-Trainer von José Mourinho bei Real Madrid. Sein damaliger Assistent: Sven Mislintat, mittlerweile Chefscout von Borussia Dortmund. Mislintat war damals 29 Jahre jung und hatte sich entschieden, dass die Rolle als spielender Co-Trainer beim VfL Kamen nicht mehr das Richtige für ihn ist. „Ich wollte nur noch Trainer sein und nicht mehr Spieler“, betont Mislintat, der es schon zwei Jahre zuvor als Analyst in die Bundesliga geschafft hatte. So bekam er gemeinsam mit seinem Kollegen Ulrich Schnier zu Saisonbeginn den Job bei der Westfalia, nachdem Bochums Co-Trainer Nico Michaty ihn empfohlen hatte.
Morais hatte derweil schon Ende April in Herne angefangen, ohne Deutschkenntnisse, aber mit einer Menge Abenteuerlust im Gepäck. Dass es den Portugiesen überhaupt ins Ruhrgebiet verschlug, lag an Ventzislav Mitov, der damals Vizepräsident und Manager der Westfalia, gleichzeitig aber auch Spielerberater war. In dieser Funktion hatte er Morais schon Jahre zuvor kennen gelernt, als der noch die zweite Mannschaft von Benfica Lissabon trainierte. „Ich war von Morais überzeugt und er hatte Lust auf etwas Neues“, betont Mitov. So einfach ist das manchmal, zumindest, wenn man so überzeugend wirkt wie Mitov: „Ich habe ihm gesagt, dass Deutschland ein anderes Standing in der Fußballwelt als Portugal hat.“
Dass Herne nicht das richtige Sprungbrett für eine große Karriere ist, dämmerte dem Portugiesen allerdings schon recht schnell. Kurz nach seiner Ankunft erfuhr er, dass der Etat für die kommende Saison auf 150.000 Euro gekürzt werden sollte. Die Verstärkungen, die er sich erhofft hatte, waren so nicht zu finanzieren. Und die vorhandenen Spieler entsprachen nicht seinen Vorstellungen. „Seine Ansprüche waren sehr hoch. Mit Amateurspielern kann man aber nicht so arbeiten wie mit Profis“, betont Mitov.
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