Wer hätte das gedacht? Der interne Torschützenkönig bei Rot-Weiss Essen heißt Kevin Hoffmeyer. In 14 Spielen machte Hoffmeyer 21 Tore. Einige würden sich nun fragen: Kevin wer? Hoffmeyer spielt für die neugegründete dritte Mannschaft von RWE in der Kreisliga C.
"Es sind eigentlich 29 Tore, die Kev erzielt hat. Ich führe eine eigene Strichliste", merkt De Biasi schmunzelnd an. Die Begründung dafür liefert Hoffmeyer selbst: "Offiziell sind es nur 21 Tore. Das liegt daran, dass wir öfters ohne einen gestellten Schiedsrichter spielen und falls doch, dann werden halt einige Tore mal vergessen. Aber das ist nicht so schlimm." Solche Zustände würden bei der ersten Mannschaft einige Funktionäre auf den Plan rufen, bei der Dritten wird nach dem Spiel darüber gelacht.
De Biasi startete am 25. August mit seinem Team in die allererste Saison und fing sich direkt mal eine 2:6-Niederlage. Doch eine Woche später durfte der RWE III-Coach schon jubeln: Bei der vierten Mannschaft von TuS Helene gewannen die Roten mit 7:2.
Spieler aus sozialen Einrichtungen
Das außergewöhnliche ist die Zusammensetzung der Truppe: „Das Team besteht aus Spielern aus mehreren sozialen Einrichtungen und Privatpersonen wie Kevin“, erklärt der Trainer. Dabei geht es um die Jugendhilfe Essen: Jugendliche mit sozialen Schwachpunkten, die Dr. Eggers-Stiftung für psychisch Erkrankte und das Haus Bruderhilfe für Drogensüchtige und Straffällige.
Für eine Privatperson wie Hoffmeyer ist dies eine absolut neue Erfahrung: "Ich wurde vor Beginn der Saison von einem Freund, der in so einer Einrichtung arbeitet, gefragt, ob ich nicht Lust hätte bei dem Projekt Rot-Weiss Essen III mitzuwirken. Ich bin nach dem fünften Training dann mal auf die Frage gekommen, wer hier so alles mitspielt und dann habe ich erfahren, dass Spieler aus den Sozialprojekten hier mitspielen, teils mit Vorgeschichte. Aber anmerken kann man das im Team keinem", erzählt Hoffmeyer.
Rückfälle innerhalb des Teams
Für De Biasi sind Jungs wie Hoffmeyer wichtig, um so einen gewissen Ausgleich auf dem Platz zu schaffen: "Kev kommt mit jedem klar und ist auch menschlich eine sehr wichtige Person im Team. Er gehört zum Mannschaftsrat und hat auch auf dem Platz etwas zu sagen." Doch ganz von Problemen bleibt diese Mannschaft auch nicht verschont: "Wir hatten leider schon drei Rückfälle innerhalb der Truppe. Alle drei Spieler mussten aufhören, was sehr schade ist, aber es war nicht vermeidbar. So konnten wir bislang auch noch nicht zwei Partien am Stück mit derselben Elf auflaufen", lässt De Biasi wissen.
Kompensieren werden die Roten die Ausfälle mit Neuzugängen vor Beginn der Rückrunde. Hier gilt es früh, die neuen Teammitglieder aus den Einrichtungen passend zu integrieren: "Spieler aus den Einrichtungen haben immer Vorrang. Wir werden voraussichtlich zwei Kicker aus Einrichtungen bekommen und zwei Privatpersonen werden sich unserer Gruppe anschließen."
Saisonziel: Top 5
Mit dem bisherigen Saisonverlauf sind sowohl De Biasi als auch Hoffmeyer zufrieden. "Wir haben das sehr gut hingekriegt. Dennoch muss ich sagen, dass wir noch viel mehr Punkte in der Hinrunde hätten erzielen können, wenn wir nicht immer wieder blöde individuelle Fehler einbauen würden. Das hat uns so einige Zähler gekostet", bilanziert Hoffmeyer. Sein Coach fügt hinzu: "Wir haben über 60 Tore geschossen. Das zeigt schon, dass wir was draufhaben. Wir haben auch nie über den Aufstieg gesprochen. Es waren Begegnungen dabei, wo ich wirklich sagen muss, dass mich das Team einfach nur überrascht hat. Wir haben zweimal schon 15:0 gewonnen und auch einige vermeintliche Favoriten überraschen können."
Für die Rückrunde hat Hoffmeyer sich und seinen Mitspielern ein klares Ziel gesetzt: "Zum Ende der Saison wollen wir in den Top 5 landen. Das ist unser ausgemachtes Mindestziel und das kann das Team definitiv schaffen. Wir haben die Qualität dafür. Trotzdem gilt es, die blöden Fehler aus der Hinrunde abzustellen – dann sollte das Ziel schnell zu erreichen sein."
Auch De Biasi möchte einen Platz unter den ersten Fünf zum Ende der Saison einnehmen: "Es fehlt einfach noch die Kontinuität, die wir in der Rückrunde auch dringend benötigen. Wir spielen entweder auf dem Kunstrasen oder Ascheplatz. Die Jungs bevorzugen natürlich den Kunstrasenplatz, doch ich sage: Auf dem Ascheplatz wirst du zum Fußballer", lacht der Coach.
Bleibt nur noch die Frage, was passiert, wenn Kev weiterhin so treffsicher ist. Kontakte zur U23 von RWE, die in der Oberliga Niederrhein spielt, verneint der Stürmer schmunzelnd: "Da ist nichts dran. Auch wenn ich am Ende mit 50 Toren auf Platz eins der Torjägerliste stehe - der Qualitätsunterschied zwischen Kreisliga C und der Oberliga Niederrhein ist dann doch zu groß."
Hoffnungen kann sich Hoffmeyer aber auf ein Bonbon von seinem Trainer machen: "Wenn das so weitergeht, kriegt er am Ende der Saison eine Kleinigkeit als Belohnung."