Ismail Atalan ist seit dem 1. Juli 2023 Trainer beim SV Kapfenberg in der zweiten österreichischen Liga.
Und, siehe da: Für den 44-jährigen Fußballlehrer läuft es im Unterhaus der dortigen 1. Bundesliga hervorragend.
Drei Spiele, drei Siege und im Pokal ist Kapfenberg auch eine Runde weiter. Mit Moritz Römling, einst für den VfL Bochum, Rot-Weiss Essen und Wuppertaler SV im Fußball-Westen aktiv, lockte Atalan auch einen hier bekannten Spieler ins Alpenstadion der steierischen Stadt Kapfenberg.
RevierSport hat mit Ismail Atalan gesprochen.
Ismail Atalan, drei Spiele und drei Siege - plus das Weiterkommen im Pokal: Was mach den SV Kapfenberg so stark?
Wenn man Spiele gewinnt, sind mehrere Faktoren wichtig: Struktur, Wille, Teamgeist, Instinkt der Individualisten, Zufall und Spielglück. Von allem war etwas dabei. Und das bei einem Durchschnittsalter von 21 Jahren. In unserem 27-Mann-Kader stehen 14 Spieler aus der eigenen Akademie. Von diesen haben bei jedem Spiel mindestens fünf Spieler Einsatzminuten. Wir alle sind ehrgeizig und haben eine enorme Bereitschaft. Angefangen bei den Spielern über das Trainerteam bis hin zu den Verantwortlichen des Vereins.
Moritz ist ein Glücksgriff für uns, menschlich ist er eine riesige Bereicherung für unser Team. (...) Vier Spiele, zwei Tore und drei Assists sind eine gute Quote für einen Außenverteidiger. Er schuftet extrem hart, macht Extraschichten und befasst sich intensiv mit dem Spiel.
Atalan über Römling
Wenn Sie die zweite österreichische Liga mit den deutschen Spielklassen vergleichen, wo würden Sie diese dann einordnen?
Ich finde Vergleiche immer schwierig – seien es individuelle Vergleiche, Mannschaftsvergleiche oder Vergleiche von Ligen. Was ich aber nach all meinen Erfahrungen, die ich im Ausland gesammelt habe, sagen kann, ist, dass wir in Deutschland eine Fußballkultur haben, die einzigartig ist. Wenn ich sehe, was für tolle Stadien wir in der 3. Liga haben, mit welch einer Fanwucht wir diese befüllen, sollten wir das als Spieler, Trainer und Funktionäre zu schätzen wissen.
Zuletzt waren Sie in Nordmazedonien in Gostivar tätig. Warum haben Sie dort aufgehört?
Als ich im Dezember die Anfrage bekam, habe ich lange überlegt. Natürlich konnte ich im Vorhinein nicht abschätzen, ob ich wirklich erfolgreich sein würde. Aber ich wollte die Herausforderung annehmen und mich dort täglich durchbeißen – auch was Organisation und Infrastruktur angeht. Denn nur wenn man bereit ist, Risiken einzugehen, kann man auch belohnt werden. Wir haben von 15 Spielen nur zwei verloren und haben eine super erfolgreiche Zeit gehabt. Zusätzlich habe ich neue Freunde gewonnen. Mit dem Präsidenten bin ich bis heute befreundet. Er wird mich hier demnächst besuchen oder ich ihn. Ihm bin ich auch sehr dankbar dafür, dass er mir ermöglicht hat, den Schritt in eine sportlich herausforderndere Liga zu gehen.
Sie haben schon in Lotte, Bochum, Halle und zuletzt in der Türkei und in Mazedonien gearbeitet. Welche Bedingungen finden Sie denn in Österreich in Kapfenberg vor?
Die Bedingungen hier sind gut. Wir haben ein tolles Stadion und einen guten Trainingsplatz. Außerdem haben wir ein großartiges Trainerteam mit sehr hoher Qualität. Die Hilfsbereitschaft hier ist überragend – egal ob innerhalb des Trainerteams oder von Seiten der Vereinsverantwortlichen.
Wie macht sich eigentlich der ehemalige Essener und Bochumer Moritz Römling?
Moritz ist ein Glücksgriff für uns, menschlich ist er eine riesige Bereicherung für unser Team. Sportlich hat Mo in diesen zwei Monaten einen Riesensprung gemacht. Vier Spiele, zwei Tore und drei Assists sind eine gute Quote für einen Außenverteidiger. Er schuftet extrem hart, macht Extraschichten und befasst sich intensiv mit dem Spiel.
Unsere Art von Fußball soll einen Wiedererkennungswert haben – nicht anhand der Trikotfarbe, sondern anhand der Spielweise soll man unsere Mannschaft identifizieren können.
Ismail Atalan
Welches Ziel verfolgen Sie mit der Mannschaft in dieser Saison - geht da etwas in Richtung Aufstieg in die Bundesliga?
Von einem Engagement in Kapfenberg haben mich unser Head of Football Operation, Carlos Leal, und unser Geschäftsführer, Robert Schäfer, vor allem inhaltlich überzeugt. Gemeinsam haben wir eine klare Vision entwickelt: Wir wollen einen Rahmen schaffen, in dem die Spieler ihr Potenzial komplett ausschöpfen können. Sowohl sportlich als auch menschlich. Zusätzlich wollen wir eine DNA entwickeln, die zu unserem Charakter passt. Unsere Art von Fußball soll einen Wiedererkennungswert haben – nicht anhand der Trikotfarbe, sondern anhand der Spielweise soll man unsere Mannschaft identifizieren können. Wir möchten Spieler für höhere Aufgaben entwickeln und in der Lage sein, jedes Spiel zu gewinne. Dafür gilt es, eine veritable Einheit zu formen.
Wann werden wir Ismail Atalan wieder im deutschen Profifußball sehen?
Meinen Traum lebe ich gerade, ich bin Fußball-Trainer und bin dankbar dafür. Ich bin auch ehrgeizig und natürlich strebt man als Trainer immer nach dem Maximalen. Aber von einem Karriereplan halte ich nicht viel. Ich halte mehr davon, morgens aufzustehen, zu arbeiten und zu lernen. Der Rest kommt von allein.