90 Länderspiele bestritt der Stürmer Rudi Völler für die deutsche Nationalmannschaft. Am Sonntag sitzt der 44-Jährige als Teamchef der DFB-Auswahl beim Länderspiel gegen Ungarn in Kaiserslautern bereits zum 50. Mal auf der Bank. "Das ist in diesem Geschäft eine verdammt lange Zeit. Davon hätte ich vor vier Jahren nicht einmal geträumt", erklärt Völler, der im Sommer 2000 nach der desaströsen EM des dreimaligen Titelträgers in Belgien und den Niederlanden eigentlich nur als Platzhalter für den designierten Bundestrainer Christoph Daum in die Bresche gesprungen war.
"Dann kam alles ganz anders als gedacht. Nach der Affäre um Daum habe ich dann den Posten ganz übernommen und war zwischenzeitlich sogar noch einige Wochen Coach bei Bayer Leverkusen. Eine solche Konstellation hat es noch nie gegeben", erinnert sich der frühere Torjäger. Schon bei seinem Debüt als Teamchef wurde der Weltmeister von 1990 von den Fans nach dem 4:1 über Spanien am 16. August 2000 in Hannover euphorisch gefeiert. "Da lief mir eine Gänsehaut über den Rücken", berichtet der Publikumsliebling, der schnell zu "Rudi Riese" umgetauft wurde und bei jedem Heimspiel mit dem Gassenhauer "Es gibt nur einen Rudi Völler" begrüßt wird.
Skibbe der ideal Assistent
"Natürlich freut mich die Anerkennung durch die Fans. Ich glaube, sie erkennen, dass ich eine ehrliche Arbeit abliefere", sagt Völler, der in Michael Skibbe einen idealen Assistenten gefunden hat: "Das war zu Beginn meiner Amtszeit meine wichtigste und beste Entscheidung."
Völler weiß aber ganz genau, dass auch er trotz des Rudi-Bonus am Erfolg gemessen wird. "Wir haben in 25 Pflichtspielen nur zweimal verloren, auch wenn die Leistung nicht immer so gut war. Unter dem Strich ist das eine gute Bilanz", resümiert der Teamchef. Während eine dieser beiden Niederlagen, das 0:2 im WM-Finale am 30. Juni 2002 in Yokohama gegen Brasilien - das bisherige Highlight in der "Trainerkarriere" Völlers war, liegt ihm die 1:5-Niederlage gegen England im Münchner Olympiastadion am 1. September 2001 in der WM-Qualifikation immer noch schwer im Magen.
Denkwürdiges 1:5 gegen England
Jede Sekunde dieses denkwürdigen Matches hat der frühere Bundesligaprofi noch heute vor Augen. "Wir haben durch Jancker 1:0 geführt, mussten durch Deisler das 2:0 machen. Und dann machen die Engländer aus sieben Chancen fünf Tore, obwohl wir nach dem 1:2 auch noch eine sehr gute Gelegenheit hatten", hadert der Teamchef immer noch mit dem Fußball-Gott in diesem Spiel.
Anschließend folgten die Play-off-Spiele in der WM-Qualifikation gegen die Ukraine - 1:1 in Kiew, zu Hause 4:1. "Da war der Druck schon unmenschlich. Denn es wäre unvorstellbar gewesen, wenn Deutschland sich nicht für eine WM qualifiziert hätte", sagt Völler, der gerade auch aus dieser Erfahrung heraus der EM-Endrunde in Portugal (12. Juni bis 4.) trotz der schweren Vorrunden-Gruppe mit den Niederlanden, Lettland und Tschechien als Gegner relativ locker entgegen sieht.