Miroslav Klose jagt den Rekord von Gerd Müller, Lukas Podolski will sich in seinem "Wohnzimmer" aus der Krise schießen - doch Joachim Löw musste vor dem Duell mit dem Fußball-Zwerg Aserbaidschan plötzlich erst einmal Rücktritts-Gerüchte um Michael Ballack dementieren.
Große Aufregung herrschte am gestrigen Montag in Köln, als der Capitano mit seinem Wagen in die Tiefgarage des Teamhotels fuhr. Sofort brodelte es. Dabei hatte Ballack anscheinend nur mit Löw einen Kaffee getrunken, über einen Rücktritt aus der DFB-Auswahl wurde wohl nicht gesprochen. Vielmehr suchte der 33 Jahre alte Mittelfeldspieler von Bayer Leverkusen nur die Nähe zum Trainer und zur Mannschaft. Löw gibt Entwarnung Löw gab nach dem kurzen Trubel Entwarnung. "Ich persönlich hatte nie das Gefühl, dass Ballack zurücktreten möchte. Das hat er in keinem Gespräch mit mir angedeutet, deshalb gehe ich auch davon aus, dass er es nicht tun wird. Ich wüsste auch ehrlich gesagt nicht, warum er das tun sollte. Bei unserem Gespräch am Montag war die aktuelle Situation in der Nationalmannschaft kein Thema", sagte der Bundestrainer.
Ballack wollte laut Löw der Mannschaft einfach nur mal "Hallo sagen" und dem Bundestrainer von seinen Fortschritten in Leverkusen berichten. "Michael wollte einfach mal in Köln vorbeischauen. Er hat mir am Sonntag eine SMS geschickt und geschrieben, dass er vorbeikommt. Ich habe mich nach dem Spiel gegen Schalke erkundigt und wollte wissen, wie das Training in Leverkusen abläuft", sagte Löw.
Mit Geduld gegen Aserbaidschan
Erst dann konnte er sich wieder auf das zweite EM-Qualifikationsspiel am heutigen Dienstagabend (20.45 Uhr/ARD live) gegen den Weltranglisten-105. konzentrieren. Löw warnte seine Spieler vor Übermut. "Wir müssen Aserbaidschan sehr ernst nehmen. Das Spiel wird schwierig für uns, denn so ein Gegner hat gegen uns nichts zu verlieren", sagte der Bundestrainer.
Gegen das tief stehende Team des ehemaligen Bundestrainers Berti Vogts fordert Löw vor allem Geduld. "Gegen Mannschaften wie Aserbaidschan läuft es ähnlich wie beim Handball, denn der Gegner steht auf 20 Metern zusammen und am Strafraum herum und versucht dort, das Spiel zu zerstören. Deshalb müssen wir mit ganzer Konzentration ins Spiel gehen und das Tempo hochhalten. Dann werden wir ganz sicher auch unsere Chancen bekommen und Tore schießen", sagte Löw.
Kölner Publikum als zwölfter Mann auf dem Platz
Mit dem enthusiastischen Kölner Publikum im Rücken will der WM-Dritte den Sechs-Punkte-Start in der Gruppe A perfekt machen. Nach dem 1:0 zum Auftakt gegen Belgien in Brüssel ist trotz aller Warnungen ein Sieg Pflicht. Die letzten beiden Spiele gegen Aserbaidschan im Zuge der WM-Qualifikation gewann die deutsche Mannschaft in Hannover 4:0 und in Baku 2:0. "Die meisten Spiele haben sie aber nur mit einem Tor Unterschied verloren", meinte Löw.
Allerdings untermauerte Löw auch, dass er grundsätzlich kein Freund davon ist, dass Teams um den Weltranglisten-Platz 100 herum keine Vorqualifikation spielen müssen, ehe sie auf die großen Nationen treffen. "Die kleinen Nationen leben von diesen Spielen sportlich und finanziell. Aber ich würde mir wünschen, dass der Terminkalender etwas entzerrt wird, denn es entsteht dadurch eine unheimliche Termindichte. Die Qualität der Spieler wird dadurch über die Jahre hinweg leiden", sagte Löw.
Westermann für Jansen
Personell kann Löw bis auf den verletzten und bereits abgereisten Marcell Jansen vom Hamburger SV aus dem Vollen schöpfen. Für Jansen wird wohl dessen HSV-Teamkollege Heiko Westermann auf die linke Abwehrseite rücken. Ansonsten setzt Löw auf die in Belgien erfolgreiche Elf. Auch Mittelfeldstar Bastian Schweinsteiger meldete sich nach seinem schmerzhaften Pferdekuss rechtzeitig vor dem zweiten EM-Qualifikationsspiel wieder fit. Der 26-Jährige konnte am Montag beim Abschlusstraining wieder mitwirken.
Eine weitere Chance im linken Mittelfeld erhält Lokalmatador Podolski, dem allerdings Toni Kroos im Nacken sitzt. "Wenn ich wieder meine Topform finde, wird es schwer, an mir vorbeizukommen", sagte Poldi. Auf der rechten Seite spielt wie gewohnt Thomas Müller, hinter der einzigen Spitze Miroslav Klose wird Mesut Özil auflaufen.
Klose jagt Bomber Gerd Müller Klose erlebt in der Nationalmannschaft derzeit seinen zweiten Frühling und kommt mit seinen nunmehr 53 Treffern der Bestmarke von Bomber Gerd Müller immer näher. Müller erzielte in seiner Laufbahn insgesamt 68 Tore in 62 Länderspielen. Wenn Klose so weitermacht, kann er Müller bis zur EURO 2012 in Polen und der Ukraine einholen. Zudem fehlen Klose nur noch zwei Treffer, um in der ewigen DFB-Torjägerliste mit dem früheren DDR-Auswahlspieler Joachim Streich (55 Tore) gleichzuziehen. "Mein Ziel ist jedenfalls, so viele Tore wie möglich zu schießen", sagte Klose.