18 Spielerinnen durfte die Bundestrainerin nominieren, 22 fahren aber trotzdem mit nach Brasilien. Vier Akteurinnen, darunter auch die Essener Torhüterin, stehen auf Abruf bereit und dürfen dann ins Turnier eingreifen, wenn eine Spielerin ausfällt und nicht mehr spielen kann. Weiß ist zwar ein bisschen traurig, dass sie nicht zur ersten Wahl gehört und die Vertretung von Almuth Schult übernimmt, "aber es hat anscheinend nicht gereicht und das muss ich akzeptieren", sagt die 28-Jährige. Neid kann das durchaus verstehen. "Sie sind dabei, aber irgendwie auch nicht", sagt sie. "Das ist nicht schön."
Weiß fällt die Situation aber gar nicht so schwer zu akzeptieren. Schließlich hat sie ihr Ziel, nach Brasilien zu fahren, erreicht. 2011 war die heutige Studentin schon einmal mit der Bundeswehr-Nationalmannschaft in Rio. Bei der Militär-Weltmeisterschaft riss sich die Torhüterin das Kreuzband. Und auch wenn das keine schöne Erinnerung ist, das Land und die Stadt Rio de Janeiro haben es Weiß angetan. "Mein Ziel war es, dahin zu kommen. Egal wie", sagt die Torhüterin und lacht. "Ob als Nummer eins, zwei oder drei."
Mein Ziel war es, nach Brasilien zu kommen. Egal wie. Ob als Nummer eins, zwei oder drei.
Lisa Weiß
Und irgendwie gehört sie ja am Ende dann auch zur Mannschaft dazu. Schließlich ist sie mit den Kolleginnen in der gleichen Unterkunft, trainiert mit ihnen, fährt mit ihnen zu den Spielen, ist eigentlich überall dabei. Nur nicht in der Kabine und auf dem Platz. Deswegen sagt Weiß auch: "Ich fühle mich als Teil der Mannschaft."
Ein Leben aus dem Koffer
Das Wochenende ist jetzt erst einmal frei, dann werden Weiß und Co. in Hannover eingekleidet, ehe es nach Bad Lippspringe zum letzten Vorbereitungs-Lehrgang geht. Dort trägt das DFB-Team dann auch sein letztes Testspiel gegen Ghana (22. Juli) aus. Am 27. Juli kommt die Mannschaft in Frankfurt zusammen, am 29. geht der Flieger nach Sao Paulo. "Ich habe im Moment das Gefühl, dass ich nur noch aus dem Koffer lebe", sagt Weiß. Das wird sich in den nächsten Wochen nicht ändern. Bei den Olympischen Spielen steht alle drei Tage ein Spiel an: 3. August Simbabwe, 6. August Australien, 9. August Kanada. Die Frauen pendeln zwischen Sao Paulo und der Hauptstadt Brasilia.
Weiß hat sich fest vorgenommen, alles dafür zu geben, dass die Mannschaft das Finale in Rio spielen kann. Zum einen, weil die Mannschaft das große Ziel hat, die Goldmedaille zu gewinnen, zum anderen, weil Weiß dort noch etwas zu erledigen hat: "Ich habe damals Fotos von Cristo Redentor gemacht, aber die sind alles nichts geworden. Ich habe mir fest vorgenommen, jetzt ein besseres mitzubringen."
Ich glaube nicht, dass ich nur als Touristin nach Brasilien fahre
Lisa Weiß
Eine Aufgabe hat die Torhüterin sich auch schon auferlegt für die kommenden Wochen: gute Stimmung verbreiten. "Ich werde dafür sorgen, dass ein gutes Klima herrscht und den Mädels ein gutes Gefühl geben." Und vielleicht ist es ja auch gar nicht so schlecht, die Spiele von der Tribüne zu verfolgen. "Da habe ich einen anderen Blickwinkel und kann der Mannschaft vielleicht sogar ganz hilfreiches Feedback geben. Ich finde das ganz reizvoll. Ich glaube nicht, dass ich nur als Touristin nach Brasilien fahre."