Die Frauen-Weltmeisterschaft im eigenen Land. Bundestrainerin Silvia Neid hat die lange Vorbereitungszeit gefordert, und sie auch bekommen. Lediglich fünf Partien stehen nach dem Jahreswechsel noch an, bereits vor der Winterpause dürfte eine deutliche Tendenz erkennbar sein – sowohl im Meisterschafts- als auch im Abstiegskampf.
Högner: "Schnell den Rhythmus finden"
Eine lange Eingewöhnungszeit kann sich damit kein Verein erlauben. „Ich finde es nicht so schlimm, dass diese Saison sehr komprimiert ist. Wir müssen aber schnell unseren Rhythmus finden“, macht Markus Högner deutlich. Für den Coach der SG Essen-Schönebeck ist es die erste Saison im Frauenfußball. Klar ist aber auch, dass mit Bayer 04 Leverkusen und dem Herforder SV zwei Mannschaften aufgestiegen sind, die vor allem eins nicht sein dürften: Punktelieferanten. Martina Voss-Tecklenburg, Trainerin des FCR 2001 Duisburg, weist auf einen entscheidenden Aspekt hin: „Jede Mannschaft, ohne eine Ausnahme, hat sich gut verstärkt.“
Am Favoritenfeld – FCR 2001 Duisburg, 1. FFC Turbine Potsdam, 1. FFC Frankfurt – hat sich nichts verändert. „Dahinter wird es aber Mannschaften geben, die die Meisterschaft entscheiden können. Kein Spiel wird einfach werden. Man muss immer ans Limit gehen und 100 Prozent geben“, betont Voss-Tecklenburg. Das haben die Duisburgerinnen bereits in den Vorjahren erfahren müssen. Denn was sie die Meisterschaft in der vergangenen Saison kostete, waren die Punktverluste gegen den 1. FC Saarbücken (1:1), die SG Essen-Schönebeck (1:1) sowie die Niederlagen im Duell der Top-Teams gegen Turbine Potsdam (1:2) und Frankfurt (0:2).
1. FFC Frankfurt mit Transfer-Coup
Der deutsche Rekordmeister wird nach nunmehr zwei Jahren ohne Titel ebenso wieder angreifen. Dafür genügt schon ein Blick auf die Neuzugänge. Vom FC Bayern München kommt die erfahrene Nationalspielerin Melanie Behringer, Valeria Kleiner ist zwar erst 19 Jahre jung, hatte aber einen festen Stammplatz in der Innenverteidigung beim SC Freiburg. Die U20-Weltmeisterin zählt zu den großen Nachwuchstalenten. Zudem gelang mit der Verpflichtung von Jessica Landström, die nach zwei Jahren bei Linköpings FC im März in die US-Profi-Liga zum Sky Blue FC wechselt, ein absoluter Transfercoup. Die Eingewöhnungszeit erleichtern wird ihr die schwedische Nationalmannschaftskollegin Sara Thunebro. Und natürlich wollen die beiden Skandinavierinnen auch im kommenden Jahr bei der WM in Deutschland mit ihrem Heimatland dabei sein. Landström gehört zu den Top-Offensivspielerinnen Europas und soll den Weggang von Petra Wimbersky, die nun die Münchnerinnen verstärkt, kompensieren.
Die Frankfurterinnen sind aber nicht die einzigen, die sich auf dem internationalen Markt umgeschaut haben. Im Gegenteil, immer mehr Vereine orientieren sich um, und die Bundesliga ist natürlich auch für die ausländischen Topspielerinnen interessant geworden. Die SG Essen-Schönebeck hat mit Katarina Tarr und Michele Weissenhofer zwei Amerikanerinnen – die zudem im „besten Fußballeralter sind“, wie Coach Högner betont – ins Revier gelotst. Für die Norwegerin Leni Larsen Kaurin ging es über die Stationen Turbine Potsdam und 1. FFC Frankfurt nun zum VfL Wolfsburg. Das Team von Trainer Ralf Kellermann hat den Kader außerdem durch die ehemalige Kapitänin vom USV Jena, Ivonne Hartmann, qualitativ verstärkt.
Ex-Essenerinnnen Wesely und Löwenberg verstärken Potsdam
Weitgehend zurückgehalten hat sich derweil der Deutsche Meister Turbine Potsdam. Inka Wesely und Daniela Löwenberg haben bekanntlich die SGS in Richtung brandenburgische Landeshauptstadt verlassen. Außerdem wurden zwei Nachwuchsakteurinnen hochgezogen. Da Trainer-Urgestein Bernd Schröder aber ebenso wie der FCR Duisburg nicht den Verlust von Stammspielerinnen hinnehmen musste, kann er weiter auf seinen Erfolgskader – der gleich sechs U20-Weltmeisterinnen beinhaltet – setzen.
„Das ist genau die Entwicklung, die wir haben wollten“, sagt Voss-Tecklenburg und meint damit das gestiegene Niveau in der Bundesliga. „Dadurch wird natürlich auch der Druck größer.“ Die Ex-Nationalspielerin fordert aber auch, dass „wir konkurrenzfähig bleiben.“ Denn genauso wie Spielerinnen aus dem Ausland in die Bundesliga wechseln, können freilich die Deutschen den umgekehrten Weg einschlagen. Und dies könnte bereits nach der Weltmeisterschaft 2011 verstärkt passieren. „Die guten Auftritte wecken auch Begehrlichkeiten“, betont Voss-Tecklenburg. „Jede Liga wird stärker. Und es gibt Vereine, zum Beispiel in den USA, die bereit sind, höhere Gehälter zu bezahlen. Die Spielerinnen werden gute Angebote bekommen.“
Man darf wahrlich gespannt sein, welche Entwicklung die Frauen-Bundesliga einschlägt. Am Sonntag aber startet zunächst die neue Bundesliga-Saison.