"Böse Flüche können mir nichts anhaben, weil ich meine Unterwäsche auf links trage." Wer sonst als ein Fußballspieler könnte so etwas sagen?
In den meisten Kulturen und Sportarten würden derartige Überzeugungen, wie sie vom Rumänen Adrian Mutu geäußert wurden, nur Kopfschütteln hervorrufen und als schlichtweg verrückt abgetan. Nicht jedoch im Fußball. Das Schönste aller Spiele mag eine rasante Entwicklung hinter sich haben, doch viele Spieler sind noch so in abergläubischen Vorstellungen verhaftet wie eh und je. Seien es bestimmte Rituale, das Ausleben der verschiedenen Religionen, astrologische Überzeugungen oder sogar Hexenbeschwörungen wie im Falle einiger afrikanischer Mannschaften etwa vor der WM 2006 in Deutschland.
Auch in Brasilien ist der Aberglaube weit verbreitet. Mario Zagallo etwa ist geradezu besessen von der Nummer 13. "Wegen meiner Frau", erklärte der legendäre frühere Trainer der Seleção, "habe ich angefangen, Trikots mit der Nummer 13 zu tragen, da sie an den Heiligen Antonius vom 13. Juli glaubt." Ein anderer Trainer, der mit seinem Team schon den FIFA-Weltpokal holte, Argentiniens Carlos Bilardo, verließ sich immer auf eine glücksbringende Krawatte, die er in den Turnieren 1986 und 1990 trug.
Giovanni Trapattoni („Was erlaube Struuuunz?“) setzt auf mehr als die bloße Kraft von Krawatten oder irgendwelchen Glückszahlen. Ihn sah man als Trainer der „Squadra Azzurra“ vor Spielen geheiligtes Wasser aus einer Flasche verspritzen, die er von seiner Schwester, einer Nonne, erhalten hatte.
Ob Trainer oder Spieler die größten Spleens pflegen, darüber sind sich die Gelehrten des Fußballs uneins. Hier einige der schönsten Kicker-Ticks. Englands Nobby Stiles beharrte 1966 darauf, sich vor jeder Partie die Brust und auch sein Gesicht und seine Hände in einer endlosen Prozedur mit Olivenöl einzureiben, während sein Mannschaftskamerad Jack Charlton immer in letzter Minute noch einmal die Stollen wechselte und jedes Aufwärmen vor dem Spiel mit einem erfolgreichen Torschuss abschließen musste.
Landsmann Gary Lineker hatte im Verlauf seiner Karriere eine ganze Reihe abergläubischer Verhaltensweisen entwickelt. "Beim Warmmachen habe ich niemals aufs Tor geschossen, denn ich wollte kein Tor vergeuden. Ich wollte mir die Treffer fürs Spiel aufsparen. In der Halbzeitpause habe ich immer mein Trikot gewechselt, wenn ich kein Tor in der ersten Halbzeit erzielt hatte. War ich dagegen erfolgreich, behielt ich das Trikot an. Wenn ich mal längere Zeit nicht erfolgreich war, bin ich auch immer zum Friseur gegangen."
Singt die Nationalhymne nicht und geht zum Pinkeln in die linke Ecke: Mario Gomez (Foto: firo).
Derart seltsame Verhaltensweisen sind auch heute noch an der Tagesordnung. John Terry hat einmal fast das Camp Nou in Barcelona umgepflügt, um ein Paar glücksbringender Schienbeinschoner wieder zu finden. "Am Ende hatte ich etwa 50 zusammen. Ich bin wirklich sehr abergläubisch", gibt der beinharte Verteidiger zu. "Im Bus muss ich immer auf demselben Platz sitzen, ich umwickle meine Socken drei Mal mit Klebeband und schneide auch meine Schienbeinschoner vor jeder Partie immer gleich zurecht.“
Einige abergläubische Verhaltensweisen sind etwas schwerer nachzuvollziehen. Sergio Goycochea pflegte vor Strafstößen des Gegners auf den Platz zu urinieren. Damit hatte der Nationalkeeper Argentiniens bis zur Niederlage im WM-Finale in Italien 1990 bemerkenswerten Erfolg. Den Strahl an der richtigen Stelle, das ist auch Mario Gomez' Weg zum Sieg. Auf öffentlichen Toiletten benutzt der Stuttgarter Nationalstürmer stets jenes Urinal, das sich ganz links befindet - alles andere bringt "Super-Mario" offenbar Unglück.
Einen ganz außergewöhnlichen Tick hat Moritz Volz. Der frühere Schalker, mittlerweile in Diensten des englischen Zweitligisten Ipswich Town, erklärt vor jedem Einsatz seine Küche zur Sperrzone. Um die Anspannung vor dem Anpfiff zu bekämpfen, backt der Defensivmann. Nicht einfach ein paar Plätzchen oder bloß einen Kuchen, nein, "drei müssen es schon sein", erklärt Volz. Und die richten sich grundsätzlich nach dem Gegner: Gegen die Top-Teams gibt es fruchtig-lockere Leckereien, vor Abstiegsduellen stehen die rustikalen Varianten auf dem Speiseplan. Das ungewöhnliche Ritual macht ihn nicht nur locker, sondern auch beliebt: Statt seine Süßspeisen selbst zu genießen, verteilt er sie an seine Nachbarn und Mannschaftskollegen.
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