Peter Neururers Aberglaube wurde von Bruce Jenner geprägt Kartoffelsalat mit Bockwurst, danach Maloxan
Ein Mann übertrumpft mit seinem Glauben an das Schicksal alle: Peter Neururer. Seit er am 14. November das Traineramt in Duisburg übernahm, hat der MSV noch kein Spiel verloren. Das ist für den Fußballlehrer ein guter Grund, die Journalisten an den Rand des Wahnsinns oder zumindest des Hüftgolds zu treiben. Denn bei Neururer fängt die Einstimmung auf das nächste Spiel bereits bei der obligatorischen Pressekonferenz zwei Tage vorher an. „Vor der Partie gegen den FSV Frankfurt gab es Kartoffelsalat und Bockwürstchen“, erinnert sich Neururer.
Ein kalorienreiches Erfolgsrezept, das zudem nicht wirklich jeden Geschmacksnerv trifft. Neururer ist das egal, so lange die gute Wirkung der einfachen Mahlzeit anhält, wird der Speiseplan nicht geändert. Auch an diesem Freitag bekamen die Journalisten Kartoffelsalat mit Bockwürstchen vorgesetzt. „Und wenn es euch zu den Ohren herauskommt, bringe ich eben Maloxan mit, dann geht das schon“, grinst der Coach, zu dessen Ritual vor dem Gang zum Büffet ein mit Manager Bruno Hübner geschlürfter Cappuccino zählt.
Neururers Tick hat seinen Ursprung in den 1970er Jahren. Sein Idol im Einhalten fester Abläufe ist Bruce Jenner. Der US-amerikanische Zehnkämpfer erhielt von seiner Freundin ein Paar gestrickte Ringelsöckchen als Glücksbringer für die Olympischen Spiele. „Ich war davon so angetan, weil Bruce ein Vorbild für mich war, dass ich auch solche Socken wollte“, erteilte Neururer seiner damaligen Lebensgefährtin den Auftrag, zur Nadel zu greifen – und erfreute sich an bekam blau-weißen Stulpen.
„Die habe ich dann in der Uni bei den Sportprüfungen, beim Training und den Spielen angezogen“, trug Neururer die Strümpfe rund zwölf Jahre. „Und nie ist etwas passiert.“ Doch einmal vergaß er die treu genutzten Strümpfe, ließ die Wolle nach einer Sportstunde an der Hochschule liegen und ging zum Mannschaftstraining. „Ich hatte die Socken zum ersten Mal nicht an, wurde von einem Testspieler gefoult und habe einen Mittelfußbruch mit Bänderrissen erlitten. Das war der Anfang meines Endes als aktiver Spieler.“
Seither glaubt Neururer fest an seine Rituale. Er trägt immer die selbe Uhr am Handgelenk und die gleichen Klamotten. „Die werden aber gewaschen, sonst will ja niemand mehr etwas mit mir zu tun haben“, lacht Neururer, der seit der Positivserie mit dem MSV auch nicht mehr beim Friseur war. „Das Knieverdeck sieht zwar katastrophal aus, aber damit müssen die Leute leben.“
Doch nicht nur die Journalisten müssen leiden, auch seine Frau Antje muss sich unterordnen. Denn sonntags fordert der 53-Jährige immer dasselbe Frühstück. „Ein halber Liter frischer O-Saft, ein weichgekochtes Ei, Graubrot mit Salami und Käse und Jakobs-Kaffee“, erzählt der Fußballlehrer. „Wenn wir auswärts spielen, müssen diese Zutaten eben im Hotel sein.“ Und wie ernst er den Aberglauben nimmt, konnte man schon häufiger beobachten. Als Trainer des VfL Bochum wurde er im tiefsten Winter im schneebedeckten München neben Giovanni Trapattoni in Sommerkleidung bestaunt. „Bei gefühlten 25 Grad minus", schmunzelt Neururer.
Doch er bleibt seinen Prinzipien treu, denn die Rituale geben ihm Selbstvertrauen und das Gefühl, das Glück vielleicht doch erzwingen zu können.
Auf der nächsten Seite: Schuh- und Schuldfragen