Um auf die alltäglichen kleinen Betrugsskandale hinzuweisen, braucht es gar keine prominenten Namen wie Hoyzer, Moggi oder Canellas. Denn das Gerede ist vor allem in jenen Amateurklassen groß, wo im Kampf um Auf- und Abstieg jeder Punkt und jedes Tor zählt. Das Problem zu leugnen ist zwecklos. Zu zahlreich sind die Berichte derjenigen, die Woche für Woche dem Ball hinterherjagen.
„Zwei Kästen Bier damit ihr nicht antretet.“ Dieses unmoralische Angebot haben viele Amateur-Fußballer schon bekommen. Ein Dortmunder B-Kreisklassen-Kicker, in der Öffentlichkeit auf eigenen Wunsch namenlos, berichtet. „Das kommt fast in jeder Saison vor. Angenommen hat meine Mannschaft das Angebot aber noch nie.“
Überhaupt: Jeder will schon mal von Betrugsversuchen gehört haben, gemacht hat es aber keiner. Niemand gibt zu, der Bösewicht zu sein. Die „Geschmierten“ tun hingegen alles dafür, die vermeintlich gekaufte Niederlage gut zu begründen.
Letztlich bleibt immer nur ein Verdacht, der nicht zu beweisen ist. Einige Partien geben tatsächlich den Eindruck ab, dass nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Plötzlich treten Mannschaften mit besserer Altherren-Besetzung an, greift der Torwart daneben, wenden sich Partien innerhalb weniger Minuten. Zweistellige Fantasie-Ergebnisse in den letzten Saisonspielen wecken Misstrauen. „Die sind doch gekauft“, schreit das Publikum. Doch über geflossene Summen sammelt niemand Nachweise.
Sinnbildlich ist die Diskussion, die derzeit in Witten aufbrandet. Ein Blick in das RS-online-Forum zeigt, dass im Bezirksliga-Titelkampf zwischen dem TuS Stockum und dem FSV Witten eine große Sensibilität für das Thema Schiebung herrscht. Da werden sich gegenseitig Beschuldigungen an den Kopf geworfen, beide Teams hätten für ihre jüngsten Siege bezahlt. „Das wird von Einzelnen gezielt gestreut“, vermutet Stockums Thomas Drathen. „Niemals“, beteuert der Trainer des Tabellenführers genau wie die FSV-Verantwortlichen, sei ein Euro für einen Erfolg geflossen. Vergleichbare Debatten laufen in allen anderen Ruhrgebiets-Städten.
Bier ist die Währung der Kreisligen, je höher es geht, desto mehr geht es um Bargeld. Bis ganz nach oben auf die Profi-Ebene, wo sich Spielmanipulationen international als immer größeres Problem darstellen. Die Chaos-Tage der italienischen Serie A sind abgeebbt, aber wohl noch längst nicht vorbei. Und in Polen oder Rumänien überschlagen sich die Meldungen, nach denen Betrug an der Tagesordnung ist. Was Hoyzer im deutschen Fußball und im Ansehen der Schiedsrichter ausgelöst hat, zeigt sich Woche für Woche.
Das Vorbild von oben stachelt offenbar auch die „Kleinen“ an, für den Erfolg alle Mittel anzuwenden. Es zeigt sich auch: Der Konkurrenzkampf zwischen den Amateurvereinen wird härter, von einer Liga Unterschied hängt häufig Ansehen, Aufmerksamkeit und damit auch die Attraktivität für Sponsoren ab. Doch Betrug bleibt Betrug. Und so wird vielfach die Forderung laut, die Kreise und Verbände sollten in der Endphase der Saison genauer hinsehen. Angesichts der vielen kleinen „Kungeleien“ unter Ortsnachbarn oder befreundeten Vorständen ein schwieriges Unterfangen.
Manchmal erledigt sich das Problem ganz von selbst. Der anonyme Dortmunder Fußballer berichtet von einem Betrugsversuch, der ganz im Sinne des Sports endete. „Nachdem wir abgelehnt haben, waren wir erst recht gallig. Wir haben 80 Minuten gut hinten drin gestanden und dann durch ein Eigentor mit 1:0 gewonnen. Hätten die uns nicht versucht, zu bestechen, wäre das Spiel sicherlich anders ausgegangen und die damit aufgestiegen.“