Michael Zorc verhält sich wie das Kind vor der Eisdiele. Vanille oder Schokolade? „Wir wollen beides!“, sagt der Sportdirektor von Borussia Dortmund: „Die Qualifikation für die Champions League - und nach Berlin.“ Im Spagat zwischen Bundesliga und DFB-Pokal muss der BVB am Samstag (20.30 Uhr, ARD und Sky) im Halbfinale den Außenseiter Holstein Kiel aus dem Weg räumen.
Aufsteigende Form, zweitklassiger Gegner und obendrauf noch Heimrecht: Auf den ersten Blick erscheint das Endspiel im Olympiastadion am 13. Mai zum Greifen nah. Doch Vorsicht, mahnt Trainer Edin Terzic: Niemand Geringeres als der Bayern-Bezwinger stelle sich im Signal-Iduna-Park vor. Das klingt schon deutlich gefährlicher. Den Rekordmeister zu schlagen, „schaffen nicht allzu viele Mannschaften“, sagte Terzic. Der Respekt vor den „eindrucksvollen“ Kielern ist groß.
Die Aufgabe wird für die Borussen durch ihre mäßige Bundesliga-Saison zusätzlich erschwert. Der sportlich wie wirtschaftlich dringend benötigte Einzug in die Königsklasse steht drei Spieltage vor Schluss trotz einer Aufholjagd auf der Kippe. Austrudeln lassen ist nicht, immer noch liegt der BVB auf einem Europa-League-Platz.
Unabhängig davon: Mit Blick auf die vergangenen vier Jahre ohne großen Titel wäre der Finaleinzug für Zorc und den BVB ein verlockender „Riesenschritt, um uns zurückmelden zu können. Am Ende ist es eine Chance, einen Titel zu gewinnen.“ Der 58-Jährige erinnert sich gerne zurück an das vergangene Jahrzehnt, in dem der BVB regelmäßig in Berlin zu Gast war. „Wir sind immer in die Stadt eingefallen, das waren große Feste“, sagte er. Diese müssten wegen Corona selbstredend ausfallen.
Das Pokal-Überraschungsteam aus Kiel macht sich derweil bereit, nach den Bayern das nächste Schwergewicht aus dem Pokal zu schmeißen. „Es gibt in einem Spiel immer kleine Fenster. Und wenn sich so ein kleines Fenster öffnet, musst du da sein“, sagte Sport-Geschäftsführer Uwe Stöver. Für Trainer Ole Werner wäre die Sensation wie ein „Nobelpreis in Mathematik“, den es allerdings gar nicht gibt.
Nach erneuter Corona-Quarantäne bewies der Aufstiegsaspirant zuletzt in der Liga seine Comeback-Qualitäten. Das Highlight-Spiel in Dortmund liegt wegen der langen Zwangspause mitten im engstens getakteten Terminkalender. „Wir sind wie eine Boygroup auf Tour“, so empfindet es Offensivspieler Fabian Reese: „Der Bus, das Hotelzimmer sind unser bester Freund.“
Dennoch geht Mittelstürmer Janni Serra, einst in der BVB-Jugend ausgebildet, ganz unbeschwert in das Duell. Die Kieler wollen „versuchen, die bisherige Saison zu veredeln“, sagte Serra dem SID bei einem Termin des Pokal-Partners Ergo. Der BVB steht dagegen gehörig unter Druck. sid