Pal Dardai war beruhigt. Sein ganz persönlicher Krisensensor hatte auch in der Nacht zu Montag keine Auffälligkeiten gezeigt. Gut geschlafen habe er, sagte der Trainer von Hertha BSC nach dem jüngsten Rückschlag im Abstiegskampf der Fußball-Bundesliga: „Wenn ich nicht gut schlafe, stimmt wirklich etwas nicht.“ Grund zur Panik, sagte Dardai dann noch, bestehe nicht.
Gründe, sich um die Zukunft der Alten Dame zumindest zu sorgen, sind dennoch vorhanden. Die sportliche Lage ist äußerst angespannt, das 0:3 (0:1) gegen RB Leipzig war das achte Spiel ohne Sieg nacheinander. In der Tabelle liegt Hertha als 15. nur noch einen Punkt vor einem direkten Abstiegsplatz. Arminia Bielefeld auf Relegationsrang 16 ist punktgleich - und hat ein Spiel weniger als die Berliner absolviert.
„Machbar“ sei die Mission Klassenerhalt trotzdem, sagte Dardai, der seit vier Spielen wieder an der Seitenlinie der Berliner steht. Die Ausbeute seit seinem Comeback ist mager: ein Punkt, 2:8 Tore. Allerdings spielte Hertha seither fast ausschließlich gegen Teams aus der Spitzengruppe der Liga, neben Leipzig verlor Berlin gegen Bayern München und die formstarke Frankfurter Eintracht. Beim VfB Stuttgart reichte es immerhin zu einem Remis.
Dardai spricht vom „Champions-League-Modus“, wenn er über das bislang schwierige Programm spricht. Auch die kommenden Gegner VfL Wolfsburg, Borussia Dortmund oder Bayer Leverkusen stehen nach dem 22. Spieltag allesamt in den Top 6 - und machen seine Aufgabe nicht einfacher. Der Druck der Konkurrenz dürfte zudem nicht geringer werden. „Wir müssen punkten“, sagte Dardai.
Dafür muss der Ungar es jedoch schaffen, die diversen Baustellen im Team zu beheben. Vor allem die Sturmflaute bereitet Kopfzerbrechen. Zwar erspielte sich Berlin auch gegen Top-Teams wie Leipzig Chancen, trotz prominenter Namen wie Matheus Cunha oder Krzysztof Piatek fehlt aber die Durchschlagskraft.
„Du musst Tore machen, sonst wird es schwierig“, sagte Dardai: „Wir sind dran und müssen einfach weiterarbeiten.“ Im Training sollen die Offensivkräfte bei torreichen Übungen Selbstvertrauen tanken. Hoffnung macht auch die Rückkehr von Jhon Cordoba, der nach überstandener Verletzung schon gegen Wolfsburg wieder zur Verfügung stehen dürfte und die Berliner im Angriff taktisch variabler macht.
Auffallend war zuletzt jedoch auch der Hang einiger Spieler zur Leichtsinnigkeit. Arsenal-Leihgabe Matteo Guendouzi leitete am Sonntag etwa Leipzigs zweiten Treffer durch Nordi Mukiele (71.) mit einem Dribbling im eigenen Strafraum fahrlässig ein.
Entscheidend, sagte Dardai, seien im Abstiegskampf letztlich aber die Spiele gegen die direkten Konkurrenten. Gegen Mainz, Bielefeld oder Köln spielt Hertha erst im Saisonendspurt. Punktet sein Team bis dahin nicht auch gegen Top-Teams, erwarten Dardai womöglich doch schlaflose Nächte. sid