Im Fußball-Ruhrgebiet gibt es nicht viele dieser Erfolgsgeschichten, die der TuS Haltern schrieb. Die Seestädter schafften es aus der Westfalen- in die Regionalliga auzufsteigen und bis zum Corona bedingten Abbruch auch für Furore zu sorgen. Man erinnere hierbei nur an Siege gegen Lotte, Alemannia Aachen oder auch das Remis gegen Rot-Weiss Essen.
Architekt des TuS-Haltern-Erfolgs war Magnus Niemöller. Unter dem 46-jährigen gebürtigen Waltroper gelang dem TuS der größte Erfolg der Vereinsgeschichte: der Aufstieg in die 4. Liga. Haarscharf schrammte Haltern auch noch zweimal am DFB-Pokal vorbei. Gegen den späteren Westfalen-Pokalsieger Rödinghausen unterlag man erst im Halbfinale knapp nach Verlängerung. Im Mai 2019 war der jetzige Drittligist SC Verl im entscheiden Qualifikationsspiel eine Nummer zu groß für TuS Haltern.
Doch die Zeiten ändern sich schnell im Fußball. Einst wurde Niemöller in der Stausee-Kampfbahn für viele Erfolge gefeiert, heute genießt er seine vorübergehende Auszeit.
Niemöller, der in den letzten neun Jahren mit der Spielvereinigung Erkenschwick und dem TuS Haltern gleich fünf Aufstiege von der Westfalen- bis in die Regionalliga und nun sogar den Regionalliga-Klassenerhalt mit dem TuS feierte, hat sich in den letzten Monaten zurückgezogen und sich anderen Dingen als dem Fußball gewidmet. Im RevierSport-Interview spricht der Bertelsmann-Controlling-Analyst über seine Zeit in Haltern, sowie seine Zukunftspläne.
Magnus Niemöller, haben Sie ihr Aus in Haltern mittlerweile verdaut? Natürlich. Aber eigentlich gab es da auch nicht viel zu verdauen. Im ersten Moment war ich enttäuscht. Das ist, glaube ich, selbstverständlich. So erging es auch der Mannschaft. Wir haben uns sportlich auf eine tolle Saison 2020/2021 eingestellt. Dass der Verein einen anderen Weg gehen wird, wusste bei uns niemand. Nur die Verantwortlichen. Aber das ist auch völlig in Ordnung. Jedes Unternehmen, jeder Verein hat das Recht und auch die Pflicht eine Situation neu zu analysieren und zu bewerten. In Haltern hat man sich für den Rückzug aus der Regionalliga entschieden. Ein freiwilliger Abstieg fällt unheimlich schwer. Aber es ist auch eine logische Konsequenz und die absolut richtige Entscheidung aus Sicht des Vereins.
Sie hatten einen Vertrag bis 2022. Gab es eigentlich auch mit Ihnen Gespräche, dass Sie eventuell den Bilbao-Weg mitgehen? Nein, das war schnell vom Tisch. Der Verein wollte sich anders aufstellen und sein neues Konzept mit neuen Köpfen verbinden. Das ist alles fair und sauber verlaufen. Wir haben uns schließlich auf eine Vertragsauflösung im beiderseitigem Einvernehmen verständigt.
Was haben Sie in den letzten sechs Monaten gemacht? Dinge, die in den letzten Jahren auf der Strecke geblieben sind. Ich bin seit meinem 18. Lebensjahr eigentlich ununterbrochen als Trainer tätig gewesen. Da kann man sich vorstellen, wie meine Woche und allen voran die Wochenenden aussahen. Jetzt hatte ich mal Zeit für meine Hobbys, oder auch die Zeit und Lust Menschen wiederzusehen, die ich jahrelang nicht getroffen habe. Zum Beispiel habe ich viele ehemalige Kollegen aus meinem Abi-Jahrgang getroffen. Das war wirklich toll. Es war einfach mal schön, nicht ständig an Fußball denken und den Kader für die kommende Saison planen zu müssen. So eine Auszeit tut auch echt mal gut.
An was denken Sie besonders gerne zurück, wenn Sie sich an die Zeit in Haltern erinnern? Ich glaube schon, dass wir gemeinsam eine der besten Geschichten erlebt haben, die der Fußball schreiben kann. Der Durchmarsch bis in die Regionalliga war schon ein Traum. Was wir da erleben durften, war der Wahnsinn. Denn die Gegner, die Spielorte, die außergewöhnliche Atmosphäre und der Antrieb, sich mit den Besten zu messen, waren etwas ganz Besonderes. Mit Stolz können wir sagen, dass wir uns diesen Traum erfüllt haben - und noch mehr: Wir konnten mithalten. Ich bin davon überzeugt, dass wir die Klasse auch ohne Corona sportlich gehalten hätten. Für mich als Trainer, für die Mannschaft wäre der Klassenerhalt der Anfang einer tollen Geschichte in der Regionalliga gewesen. Für den Verein, den TuS Haltern, war es aber nun der Höhepunkt, an dem sich der Klub dann zurückgezogen hat. Schade, aber nachvollziehbar.
Vermissen Sie denn den Fußball wieder? Ja klar, der Wettkampf fehlt mir. Das braucht man einfach als fußballverrückter Mensch. Eine Auszeit tut gut, aber eben nicht auf Dauer.
Wann werden wir Sie denn wieder an der Seitenlinie sehen? (lacht) Da bin ich selbst gespannt. Mal schauen. Ich mache mir da keinen Druck. Ich freue mich erst einmal, wenn ab September der Ball in den verschiedensten Ligen wieder rollt.