Nach dem Ende der Führungskrise kann sich der Hamburger SV nun um die wahre Krise kümmern. Mit dem Aus für Vorstandschef Bernd Hoffmann und den Rücktritten der Aufsichtsratsmitglieder Max-Arnold Köttgen und Thomas Schulz muss sich der Fußball-Zweitligist endlich den auch für ihn existenzbedrohenden Folgen der Corona-Pandemie widmen - wenn auch in veränderter personeller Konstellation.
„Wir können uns in dieser schwersten Krisenzeit des gesamten Profifußballs keine Energieverluste und belasteten Vertrauensverhältnisse leisten“, betonte HSV-Präsident Marcell Jansen am Samstagnachmittag nach dem Ende des Machtkampfs. „Der volle Fokus muss auf die HSV-Interessen gerichtet sein.“
Zuvor hatte der Verein nach einer vierstündigen Sitzung des Aufsichtsrats mitgeteilt, dass der 57-jährige Hoffmann von seinen Aufgaben als Vorstandschef mit sofortiger Wirkung entbunden werde.
Die als Hoffmann-Unterstützer geltenden Köttgen und Schulz traten aus dem Kontrollgremium zurück. Neuer Chef des nun auf fünf Mitglieder geschrumpften Aufsichtsrats als Nachfolger von Köttgen wird Ex-Nationalspieler Jansen. Der 34-Jährige, der zuletzt sich gegen Hoffmann gestellt hatte, ist nun der starke Mann beim Traditionsclub.
Hoffmanns Aus nach seiner knapp zwei Jahre dauernden zweiten Amtszeit war ein seit langem schwelender Streit zwischen ihm auf der einen und seinen Vorstandskollegen Jonas Boldt (Sport) und Frank Wettstein (Finanzen) auf der anderen Seite vorausgegangen.
Zuletzt hatte Hoffmanns Gegenspieler-Duo deutlich gemacht, dass sie die Möglichkeit einer vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht mehr sahen. Boldt (38) und Wettstein (46) werden die HSV Fußball AG nun als Vorstandsduo führen und stehen angesichts der Corona-Krise vor gewaltigen Herausforderungen.
Die Liquidität des Clubs ist trotz der Spielzeit-Unterbrechung laut Finanz-Mann Wettstein bis Juni zwar gesichert. Ein Saison-Abbruch würde den wirtschaftlich ohnehin belasteten HSV aber 20 Millionen Euro kosten, hatte Hoffmann noch vor wenigen Tagen gesagt.
Da passt es gut, dass Jansen und Wettstein ein guter Draht zu AG-Anteilseigner und Investor Klaus-Michael Kühne nachgesagt wird. Dagegen hatte Hoffmann versucht, den Einfluss des Logistikunternehmers zu dessen Missfallen zurückzudrängen. Der 82 Jahre alte Kühne könnte dem HSV mit Finanzspritzen bei der Gesundung von den Corona-Folgen helfen und wieder stärker in den Verein hineinwirken.
Nach seinem zweiten bitteren Abschied von den Schalthebeln des Traditionsvereins nach 2011 wahrte der geschasste Hoffmann immerhin Stil. „Ich hätte den HSV sehr gerne durch diese Krise geführt, muss aber akzeptieren, dass der Aufsichtsrat sich für einen anderen Weg entschieden hat“, ließ er über die Club-Webseite verlauten. „Es war mir eine Ehre, dem HSV zu dienen.“ dpa