Mittwoch, 6. August 2014, 19 Uhr, Preußen-Stadion in Münster.
führt wie immer seine Mannschaft als Kapitän des SCP aufs Feld. Doch gegen Energie Cottbus ist an diesem Abend etwas ganz anders, denn Truckenbrod schreibt Geschichte.
Der 34-Jährige hat die bisherige Bestmarke von Nils Pfingsten-Redding (zuletzt Rot-Weiß Erfurt, aktuell beim Regionalligisten FSV Wacker Nordhausen) geknackt und ist ab sofort mit unglaublichen 210 Einsätzen alleiniger Rekordspieler der 2008 eingeführten 3. Liga.
Die nackten Zahlen sind einfach nur beeindruckend. Von den 210 Spielen absolvierte Truckenbrod 206 in der Startelf. Der defensive Mittelfeldspieler hat satte 18.305 von 18.900 möglichen Einsatzminuten auf seinem Konto verbucht. Anders formuliert: Der ehemalige Junioren-Nationalspieler stand in Liga drei unfassbare 305 Stunden auf dem Platz.
Im RS-Interview verrät der Familienvater, was er von seiner Bestmarke hält, welche Ziele er verfolgt und ob er beim DFB-Pokalspiel gegen den FC Bayern München sein Trikot tauschen wird.
Jens Truckenbrod, herzlichen Glückwunsch zur Bestmarke. Was bedeutet Ihnen der Rekord? Danke. Er ist sicherlich eine schöne Randnotiz, die ich sehr gerne mitnehme. Aber ich glaube, dass die Geschichte für mich noch viel mehr Wert hat, wenn ich mich nach dem Abschluss meiner Karriere daran erinnere.
Bislang sind es 210 Spiele. An welche haben Sie die schönsten Erinnerungen? Die Derby-Siege, als wir 2012 4:0 gegen Bielefeld und 2:0 in Osnabrück gewonnen haben. Außerdem erinnere ich mich an ein Spiel mit Jena in Dresden. Ich habe beim 3:0-Sieg vor 30.000 Zuschauern ein Tor geschossen – das war ein Gänsehautmoment.
Für Gänsehaut sorgt auch Ihr Rekord. Haben Sie sich eine Marke gesetzt, die Sie unbedingt noch erreichen wollen? Erst einmal habe ich ihn jetzt, da ist es mir auch egal, wie lange ich ihn halten kann. Aber 300 ist so eine Zahl, die ich immer wieder zu hören bekomme. Doch vielleicht werden wir ja auch noch einmal eine Klasse höher spielen – dann schaffe ich es nicht.
Sie sprechen also vom Aufstieg? Nein, ich möchte keine Diskussion darüber lostreten. Was passiert, wenn man sich darüber Gedanken macht, mussten wir im letzten Jahr erleben. Wenn wir als Team funktionieren, werden wir eine bessere Rolle als im letzten Jahr, in dem sicherlich mehr drin gewesen ist, spielen. Grundsätzlich muss ein Verein wie Preußen Münster aber die Ambitionen haben, zumindest eine Liga höher zu spielen. Sollte uns das gemeinsam gelingen, wäre es natürlich ein Traum.
Wie lautet denn Ihr Saisonziel? Wir wollen oben mitmischen, den Rest müssen wir abwarten. Die 3. Liga ist seit Jahren sehr ausgeglichen, doch in dieser Saison ist noch einmal alles viel enger zusammen. Ich denke, dass sieben, acht Mannschaften nach oben wollen, alle hatten aber zu Beginn auch schon ihre Probleme. Es werden also Nuancen entscheidend sein. Aber natürlich wäre es cool, wenn ich auch in Deutschland noch ein paar Zweitligaspiele absolvieren könnte. Ich bin ja schon ein bisschen älter und würde gerne mal dort reinschnuppern.
Bei Borussia Mönchengladbach galten Sie als Rohdiamant. 44 Länderspiele für die deutschen Junioren-Nationalmannschaften stehen zu Buche und Sie waren auch DFB-Kapitän. In der Schweiz haben Sie 95 Spiele in der Super League bestritten. Warum ist Ihnen der Durchbruch im Profigeschäft nicht auch in Deutschland geglückt? Nach meiner guten Ausbildung bei Borussia Mönchengladbach war ich für das Haifischbecken Bundesliga einfach noch zu grün hinter den Ohren. Vielleicht habe ich gedacht, dass Talent alleine ausreichen würde. Auf der anderen Seite muss ich aber auch sagen, dass es damals unter Rainer Bonhof noch eine ganz andere Zeit war. Ich habe nie die Unterstützung erhalten, die junge Spieler heute erfahren. Vorrangig fasse ich mir aber an meine eigene Nase, warum mir der Sprung nicht gelungen ist.
Bereuen Sie es? Sportlich hätte sicherlich mehr drin sein können, aber ich bin mit mir absolut im Reinen. Sowohl meine Zeit in der ersten Liga in der Schweiz als auch meine 210 Spiele in der 3. Liga zeigen, dass ich nicht ganz blind gewesen bin – auch wenn ich diese Bestmarke gerne in der Bundesliga aufgestellt hätte. Ich habe eine tolle Familie, bin absolut zufrieden und glücklich.
Glücklich sind Sie mit Sicherheit auch über die DFB-Pokalauslosung, oder? Natürlich. Bayern München bei uns zu Gast zu haben, ist ein absolutes Highlight und noch mal eine Sternstunde in meiner Laufbahn. Dieses Spiel ist etwas richtig Großes. Das sollten wir genießen, dürfen trotz der Euphorie aber nicht vergessen, dass unsere Priorität auf der Liga liegt.
Mit wem wollen Sie Ihr Trikot tauschen? Ich habe zwar nicht so viele Trikots im Schrank, aber vielleicht werde ich mir nach diesem Spiel auch eins holen. Doch das ist absolut zweitrangig. Wir wollen uns erst einmal gut aus der Affäre ziehen, schließlich spielt man nicht alltäglich gegen amtierende Weltmeister.
Kommen wir noch einmal auf Ihren Rekord zurück. Sie haben bisher lediglich zwei Gelbsperren abbrummen müssen, waren nie verletzt. Ausgerechnet vor ihrem Rekordspiel haben Sie dann aber die Ampelkarte kassiert, weshalb die Bestmarke verschoben werden musste. Ärgern Sie sich darüber? (lacht) Ich weiß auch nicht, was los war. Ich hätte mir beide Karten jedenfalls nicht gegeben. Aber natürlich ärgere ich mich darüber, schließlich war meine Familie im Stadion und ich war meinen beiden Söhnen Damian und Rafael ja ein tolles Vorbild. Allerdings muss ich die Entscheidung so hinnehmen. Wenigstens habe ich damit auch noch eine andere Premiere gefeiert.
Ihre Söhne sind sechs und drei Jahre alt. Ihr Vertrag läuft 2015 aus. Wie geht es weiter? Ich bin ein absoluter Familienmensch und genieße die Zeit mit meinen Kindern. Meine Frau Dana und ich haben immer gesagt, dass wir sesshaft werden wollen, wenn die Schule für Damian beginnt. Er kommt jetzt in die Schule und weil wir uns alle in Münster sehr wohl fühlen, wir hier viele Freunde außerhalb des Fußballs gefunden haben, nicht unbedingt umziehen wollen und ich noch ein, zwei Jahre spielen möchte, werden bestimmt mal Gespräche geführt.
Um dann als 245-facher Rekordspieler in der zweiten Liga zu sein? (lacht) Das würde ja bedeuten, dass ich noch alle ausstehenden Spiele bestreiten werde und wir aufsteigen. Das würde ich genauso gerne wie einen neuen Vertrag unterschreiben.