Als Schiedrichterin Bibiana Steinhaus die Zweitliga-Partie am Millerntor abpfiff am späten Montagabend, senkten die Spieler des VfL Bochum enttäuscht die Köpfe. Mit 1:2 verlor der Revierklub beim FC St. Pauli. Ein herber Rückschlag nach zuvor zwei Siegen in Folge und sechs Spielen ohne Niederlage. Der VfL rutscht ohne Aufstiegshoffnungen ins neue Jahr, der Blick muss weiter nach unten gerichtet werden.
Nur vier Punkte beträgt der Vorsprung auf Rang 16, in dieser ausgeglichenen Liga ist das kein Polster, auf dem man es sich über die Weihnachtstage bequem machen kann. Die Situation war zwar schon einmal bedrohlicher, doch den Schwung der letzten Wochen konnte der VfL in Hamburg nicht mitnehmen.
Am Anfang allerdings schon. Die Gäste wirkten selbstsicherer als die Hamburger, die bei acht Versuchen erst einen Heimsieg zustande gebracht hatten. Robbie Kruse stellte Paulis Schlussmann Robin Himmelmann auf eine ernste Probe, doch mit jeder weiteren Minute kämpften sich die Hausherren besser in die Partie, während man auf Seiten des VfL wohl glaubte, es gehe gegen diesen Gegner allein mit spielerischen Mitteln. Der Wankelmut, steter Begleiter der Bochumer in dieser Spielzeit, spielte den Hamburgern in die Hände. Und Lasse Sobiech, dessen Einsatz an einem seidenen Faden gehangen hatte, schienen die Bochumer nicht zu kennen. Bei nahezu jeder Standardsituation durfte der torgefährliche Innenverteidiger Maß nehmen, einmal im ersten Durchgang mit Erfolg. Mal wieder lagen die Bochumer zurück. Und fingen sich in ihrem Sturm und Drang nach dem Wiederanpfiff einen Konter ein. Jan-Marc Schneider erhöhte in seinem neunten Zweitligaspiel auf 2:0 - die weiteren wütenden Angriffe der Bochumer fruchteten nicht, bis Lukas Hinterseer mit seinem fünften Saisontreffer die Schlussoffensive einleitete. Aber sie fruchtete nicht.
Bilanz von Trainer Rasiejewski unter dem Strich in Ordnung Dennoch ist die Bilanz von Jens Rasiejewski unter dem Strich immer noch ganz in Ordnung, trotz des herben Dämpfers zum Jahresende. Der 42-Jährige, zuvor U19-Trainer, war in äußerst unruhigen Zeiten ein Haltepunkt, als er nach neun Spieltagen einsprang Anfang Oktober. Der Fußball-Lehrer hatte der Mannschaft wieder Stabilität verliehen. „Seine Ruhe hat sich auf uns übertragen”, sagt Außenverteidiger Jan Gyamerah. Rasiejewski war dem unerfahrenen Ismail Atalan gefolgt, der erst mitten in der Sommervorbereitung den kantigen und am Ende lustlosen Gertjan Verbeek beerbt hatte. Atalans Rauswurf nur zwei Tage nach der aus Vereinssicht erfolgreich beendeten Ausgliederungs-Kampagne, die zwischenzeitliche Suspendierung von Kapitän Felix Bastians und die dann flugs wieder beendete Beschäftigung seines Sohnes brachten Sportvorstand Christian Hochstätter in die Kritik vieler Fans. Der Aufsichtsrat aber stand stets hinter seinem Manager, der im Gespräch mit dieser Zeitung selbst Fehler einräumte - und sich kämpferisch gibt. Wohl wissend, dass längerfristig nur Erfolg die Wogen glättet. Im Moment ist die See wieder rauer geworden.
Für den Erfolg soll Rasiejewski sorgen, der sich von den Fesseln der Interimslösung befreit hat und mit einem Cheftrainer-Vertrag bis 2019 ausgestattet wurde. Der Trainer hat zunächst für eine defensive Struktur gesorgt und einen Stamm ausgemacht, der die Saison zumindest noch halbwegs retten soll. Nur vier Gegentore kassierte Bochum in den letzten acht Rückrunden-Partien, doch auch diese Stabilität ist, siehe St. Pauli, nur von kurzer Dauer gewesen.
2018 erst gegen den MSV Duisburg und Arminia Bielefeld Mit den NRW-Duellen im eigenen Stadion gegen den MSV Duisburg und Arminia Bielefeld legt der VfL im Januar 2018 los - nach einem turbulenten Jahr mit vielen Nackenschlägen könnte sich die Stimmung nur mit zwei Erfolgen wieder aufhellen. Bis die Saison wieder angepfiffen wird, will man aber den aufgeblähten Kader verschlankt haben. Einige Akteure, wie der Reimport aus Italien, Alexander Merkel, haben keinerlei Aussicht, noch eine Rolle spielen zu können im personellen Konzept der Bochumer.