So viele Blumenvasen hat kein Mensch! Mit den bislang erhaltenen - verbalen - Glückwunschpflanzen kann sich Essens Coach Uwe Neuhaus sein persönliches, überdimensionales Treibhaus bestücken, dabei hätte er lieber eine Aufstockung des Punktekontos, denn er ist Trainer nicht Gärtner. "Was bringt es uns, gut gespielt zu haben", zuckt auch Kapitän Alex Löbe unwillig mit den Schultern, "wenn die Zähler nicht da sind." Lediglich fünf trudelten ein. Auch das 0:1 im Kölner RheinEnergieStadion musste nicht sein. "Wir gerieten unter Druck und verloren den Faden", nickt Löbe ab, wohl wissend, dass die Truppe das Nadelöhr eigentlich ganz gut anvisierte, das Erfolgs-Garn lediglich nicht durchsteckte - übersetzt: Keine Tore machte! Löbe: "Die Ordnung war später weg."
Der 1.FC traf, Essen rannte hinterher. Löbe: "Mensch, wir betreiben einen riesigen Aufwand." Der von außen betrachtet auch gar nicht unattraktiv aussieht. Allerdings stellenweise die Haare zu Berge stehen lässt, vor allen Dingen bei Coach Uwe Neuhaus, wenn der auf einen Freistoß acht Minuten vor Schluss angesprochen wird, die Stijn Haeldermans in Hüfthöhe in die Mauer schaufelte. "Ich kriege noch Glatze", fällt Neuhaus das Lächeln durchaus schwer, "wenn wir eine unserer Dinger", Neuhaus muss sich um den Plural nicht drücken, "genutzt hätten, wäre Köln noch nervöser geworden. Unruhig würde ich werden, wenn wir uns diese Chancen nicht erspielen würden." Auswärts blieb Essen bislang ohne Treffer. Löbe darf berechtigt sagen: "Natürlich macht sich Frust breit, dabei treten wir gut auf, jeder sieht, dieses Team verfolgt ein prima Konzept, diese Truppe kann Gas geben." Allerdings - es wird sich nicht belohnt.
So dass RWE am kommenden Sonntag ab 14 Uhr im Georg Melches-Stadion gegen Braunschweig schon kräftig unter Druck steht. Ein Sieg ist Pflicht, sonst ist man im Keller. "Bislang haben auch die Konkurrenz-Ergebnisse ein wenig geholfen", bezieht sich Löbe auf die weiteren Zahlenspiele, "aber gegen die Eintracht muss jetzt endlich was für uns drin sein." Fest steht für den bislang 20-fachen Zweitligatorschützen: "Die Situation ist nicht gefährlich. Davon könnte man reden, wenn wir in Köln untergegangen wären." Das war nicht der Fall, änderte aber nichts an der Tatsache, dass die Hände leer waren.
In der letzten Zweitligaspielzeit holte Ex-Coach Jürgen Gelsdorf mit steter Regelmäßigkeit immer das Argument heraus, auf der Zielgeraden noch mehr Heimspiele zu haben - was es ihm brachte, ist hinlänglich bekannt. Ergo: RWE darf sich auf keinerlei Argument ausruhen. Für Löbe wäre das auch ein Unding: "Reden wir doch nicht herum, es muss irgendwann passen, sonst sind wir vielleicht nicht gut genug." Im Leistungssport eine Qualitätsfrage zu stellen, ist keineswegs unanständig. "Bislang waren es aber Kleinigkeiten", ging auch der 34-Jährige immer um Zentimeter an seinem 21. Erfolgserlebnis in Klasse zwei vorbei, auch in Köln mit einem Drehschuss. Der Ex-Türkei-Profi (Maltyaspor, Erzurumspor): "Das zieht sich durch die Spiele, ich weiß nicht, welches Team so wie wir zum Beispiel in Kaiserslautern aufgetreten ist." Und verlor, genau wie in der Domstadt. Löbe: "Wir dürfen unsere Art nicht verlieren, die Lockerheit muss bleiben, wenn wir alles nur noch mit Willen hin kriegen müssen, dann verkrampft man." Und holt sich Kopfnüsse, wie zum Beispiel Arie van Lent kurz nach seiner Einwechselung, als er sofort blutend zurück zur Außenlinie zurück musste - fast schon bildlich. Löbe, selbst schon zweimal mit identischer Blessur, bissig grinsend: "Ohne Platzwunde machen wir es nicht, wenn wir soviele Punkte wie Cuts hätten, wären wir alle zufrieden."