Ein Cineast! Genau das ist offenbar Rolf Hempelmann, Präsident des neuen Zweitligisten Rot-Weiss Essen, dessen Regentschafts-Verlängerung an der Hafenstraße unter der vergangenen Woche - natürlich - erneut vom Volk auf der Jahreshauptversammlung im CinemaxX problemlos abgesegnet wurde (RS berichtete ausführlich). "Das ist wie beim Film Casablanca", visionierte der SPD-Bundestagsabgeordnete, als er zur Einstimmung auf seinen wortgewaltigen Rückblick Dr. Peter Rzeznitzeck, Leiter der STEAG-Konzernkommunikation, den Vertreter des neuen Hauptsponsors, auf der Bühne vorstellte. "Der Beginn einer langen Freundschaft", zitierte Hempelmann, in der Rolle des Nachtclub-Besitzers Rick Blaine im legendären "Movie", den damals Humphrey Bogart mimte. Rzeznitzeck in dem Fall angedacht als Captain Louis Renault, im filmgeschichtlichen 1942er-Meilenstein von Regisseur Michael Curtiz gespielt von Claude Rains.
Hempelmann als Rick Blaine
Allerdings war "Hempi" nicht ganz textsicher, im Film heißt es "wunderbare Freundschaft." Letztendlich egal, schließlich war beim RWE-Deal mit der STEAG auch keine Frau - wie im Film Ilsa Lund Laszlo, dargestellt von der unglaublichen Ingrid Bergmann - im Spiel. Hempelmann benötigte bei den Gesprächen mit der STEAG-Chefetage dementsprechend auch keine Kiste, auf der er stehen musste, wie der kleinwüchsige Bogart, um die Kuss-Szenen mit Bergmann zu meistern. Stichwort "meistern" - es passt! Durch den Aufstieg in die zweite Klasse wurde die Vergangenheit bewältigt, auch die 8.800.000 Euro "Miese", die noch bilanztechnisch ausgewiesen werden, sind kein "Alp", sondern "nur" noch verpflichtende Mission. "Wir waren vor sechs Jahren am vereinsgeschichtlichen Tiefpunkt", erinnerte sich Hempelmann gruselnd an den Absturz des Clubs in die Niederungen der Oberliga Nordrhein und den gierigen Pleitegeier. "Damals formierten sich die Gremien neu", grübelte der SPD-Bundestagsabgeordnete, "die Ärmel wurden hochgekrempelt." Der gordische Knoten wurde durch einen gewissen Dr. Michael Kölmel durchschlagen, der mit der damaligen Kinowelt die Taschen aufmachte. Hempelmann: "Wir hätten die Oberliga sonst nicht überlebt."
Erinnerung an Kölmel
Der Nordrhein-Wellenritt wurde bekanntlich mit halbwegs heiler Regionalliga-Strandlandung beendet, danach "folgte der nächste kleine Aufstieg", wie Hempelmann definierte. Die Qualifikation zur neuen zweigeteilten Regionalliga. Die Nordstaffel wurde gebucht. Die Folge-Spielzeit, so blätterte der 55-Jährige in seinen Notizen, wurde, dramaturgisch wertvoll, erst am letzten Spieltag mit einem 3:2-Sieg in Braunschweig sicher gestellt. Sascha Wolf traf in der Verlängerung am 9.Juni im Stadion an der Hamburger Straße. Sportlich wurde die Klasse gehalten, im Vorfeld war der Schock schon bereitet, eine Bankbürgschaft wurde vom DFB gefordert, der vorab gefeierte Kinowelt-Partner stellte sich als schlapper, unverlässlicher Kollege heraus. Die Zeitbombe RWE tickte bekanntlich erneut. Hempelmann: "Bis zum 12. Juni", genau 24 Uhr, "mussten wir die Forderungen erfüllen." Um 21 Uhr konnte der Boss den vor der Geschäftstelle an der Hafenstraße ausharrenden Fans Entwarnung geben. Hempelmann: "Als Einzeldatum ein Highlight." Das Unternehmen RWE vollzog den Schulterschluss mit dem taumelnden Traditionsclub, "darauf wurde lange gewartet, andere folgten", definierte Hempelmann auf der JHV. Auch eine Freundschaft, damals - frei nach Bogart - erst recht "wunderbar". Die folgende Zeit in der Regionalliga dauerte letztendlich zwei Jahre zu lange, zweimal wurde RWE Dritter, einmal - wieder passend zu Casablanca - höchst dramatisch. RWE gewann in Münster (3:1) war aufgestiegen. Aber wieder fiel ein spätes Tor in Braunschweig, die Eintracht jubilierte, während neben dem Betrachter im Preußen-Stadion Essens Geschäftsführer Nico Schäfer sein Handy wegfeuerte und lang mit dem Gesicht nach unten auf den Rasen fiel. "Das waren unglaubliche Begleitumstände", schnaufte Hempelmann durch, "wir haben auch diesen Tiefschlag gemeistert, es wurde nicht gejammert." Der nächste Aufstiegsanlauf - wie im Vorjahr mit Coach Harry Pleß - scheiterte erneut. Eine Spielzeit, die mit dem DFB-Pokalspiel gegen Bayer Leverkusen an der Hafenstraße "ein wichtiges finanzielles Highlight hatte", wie Hempelmann klar machte. Sein Fazit: "Harry durfte nicht die Ernte einfahren." Die Schaffenszeit des Fußball-Lehrers war kurz nach dem Start der Spielzeit 2003/2004 vorbei. Ein Holger Fach wurde angeheuert, der allerdings nie daran dachte, seine Koffer auch auszupacken, sondern nach drei gewonnenen Matches mit einem ominösen Ausstiegsklausel-Ticket wieder als Cheftrainer zu Borussia Mönchengladbach verduftete. Ein auf der JHV aufgearbeitetes Kapitel, das für Unmutsbekundungen der erschienenen 262 Vereinsmitglieder sorgte. Hempelmann bügelte eine Fan-Nachfrage, ob Fach noch Aufstiegsprämie erhalten würde, mit einem bissigen Grinsen ab. "Wohl kaum."
Keine Fach-Aufstiegsprämie
Überhaupt betonte der Boss: "Das Team hat es locker weggesteckt. Außerdem haben wir schnell einen neuen Coach geholt, mit dem wir auch nicht zuviel versprachen." Jürgen Gelsdorf, auf der JHV brandete viel Applaus auf. Hempelmann: "Der richtige Griff." Zusammen mit Frank Kontny, Sportlicher Leiter, "analysierte er die Lage, die Zusammenarbeit der beiden ist super, ein Traumpaar." Wie Bogart und Bergmann in Casablanca, allerdings wurde aus denen nichts. Das System wurde umgestellt, Vierer-Kette hieß das Zauberwort. Hempelmann sprach auf der CinemaxX-Kanzel von einer "fantastischen Rückrunde, spielerisch und kämpferisch, die Tabelle dieser Saison rahmen wir uns alle ein." Am Ende standen die Siege gegen die U23 des FC Schalke (7:0) sowie das 3:1 gegen die Dortmunder Amateure. "Wir haben zweimal gefeiert", erinnerte sich der Energiepolitik-Fachmann, "unglaublich, 17.000 Fans kamen zu einem Match, das völlig bedeutungslos war." Keiner war noch an dem Spiel interessiert. Hempelmann adelte die Truppe: "Im neuen Stadion wird eine Mamortafel installiert, mit allen Namen des Aufstiegsteams." Bogart und Bergmann haben Sterne auf dem Hollywood Boulevard in Los Angeles.