"Ich bin davon überzeugt, dass die Mannschaft den Elan und auch den Drive hat, noch etwas zu erreichen - und das auch tun wird", sagte der Nachfolger von Jürgen Klinsmann einen Tag vor seiner Rückkehr auf die Bundesliga-Bühne am Samstag gegen Borussia Mönchengladbach. Das Wort "Meisterschaft" nahm Heynckes nicht in den Mund. Doch der 63-Jährige ließ kaum Zweifel daran, dass er sich mit dem noch vor einigen Tagen ausgegebenen Ziel Platz zwei nicht zufrieden geben wird. "Es ist nicht so einfach, den Hebel umzulegen, aber das wird uns gelingen. Die Substanz und die Qualität ist da", meinte er.

Will der Mannschaft wieder Spaß vermitteln: Jupp Heynckes. (Foto: firo)
Die Begegnung mit seinem früheren Klub Gladbach, wo er sowohl als Spieler als auch zweimal als Coach aktiv war, sei "für mich kein Spiel wie jedes andere, weil meine Sympathien nach wie vor auch bei der Borussia sind". Der Abstiegskandidat sei "in einer prekären Situation, aber darauf dürfen wir keine Rücksicht nehmen". Anders als Klinsmann, der zuletzt vor allem Durchhalteparolen verbreitet hatte, überzeugte Heynckes die Spieler mit Analysen und seinen Qualitäten als Fußball-Lehrer. Im Stile eines Dozenten gab er darüber Auskunft, was er seit seinem Amtsantritt am Montag alles mit den psychisch "blockierten" Profis geübt hat - Einwürfe, Eckbälle, Freistöße: Heynckes fing bei den elementaren Dingen an. "Die Mannschaft hat Potenzial, riesiges Potenzial. Aber das muss auch abgerufen werden, sagte er über seine Marschroute: "Eines ist dabei klar: Sie müssen wieder Spaß am Fußballspielen bekommen."
Dabei sei der Titelverteidiger, der drei Punkte Rückstand auf den VfL Wolfsburg hat und in der kommenden Saison einem kicker-Bericht zufolge von Louis van Gaal trainiert werden soll, auf einem guten Weg: "Atmosphäre und Stimmung sind gut." Heynckes baut bei seinem Vorhaben, dem FC Bayern wieder dessen gewohntes "Mir-san-Mir-Gefühl" einzuimpfen, auch auf Altbewährtes. So ist Vereinsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt wieder zurück, und vor dem Spiel wird wie in seiner ersten Amtszeit (1987 bis Oktober 1991) vor den Toren Münchens übernachtet. "Im Limmerhof sind schon große Meisterschaften und Pokalsiege vorbereitet worden. Wir haben die gleiche Stube genommen, das ist ein gutes Omen", sagte er.
Obwohl Heynckes Wert darauf legt, gegen Klinsmann "ganz und gar nicht" nachkarten zu wollen, verrieten einige seiner Aussagen doch, woran es unter dem Vorgänger zuletzt krankte. Taktische Grundlagen würden "normalerweise" zum Anfang der Saison gelegt, meinte er etwa. Das Team ist von Heynckes überzeugt. "Ich halte ihn für einen großen Trainer, der uns sehr weiterhelfen wird", sagte Philipp Lahm. Heynckes muss gegen Gladbach noch auf Franck Ribery und Tim Borowski (gesperrt) sowie die verletzten Miroslav Klose, Breno und Michael Rensing verzichten. Der Coach deutete bereits an, dass er wieder mit zwei Spitzen spielen lassen wird ("eine Spitze mag ich nicht"). Ob diese vor einer Raute oder einer Doppel-Sechs spielten, sei "nicht so wichtig". Vielmehr komme es darauf an, dass das Feld "klein und eng gemacht wird, wenn der Gegner in Ballbesitz ist".
Weil Heynckes die Doppelspitze favorisiert, darf sich Lukas Podolski schon jetzt als Gewinner des Trainerwechsels fühlen. "Er bringt alles mit, um uns noch entscheidend zu helfen. Wenn ich so einen linken Fuß gehabt hätte wie Lukas Podolski, hätte ich nicht 220 Bundesliga-Tore gemacht, sondern 500", sagte Heynckes über den Nationalspieler, der künftig auch Freistöße schießen soll.