Am Freitag feiert Manager Rudi Assauer von Bundesligist FC Schalke 04 seinen 60. Geburtstag. Im Interview spricht der "Macher" über persönliche Träume und Ziele sowie die Situation beim Klub aus Gelsenkirchen.
sid: "Rudi Assauer, ist Ihr 60. Geburtstag am Freitag ein Tag der Freude für Sie?"
Rudi Assauer: "Nein, das freut mich überhaupt nicht. Das ist einfach so, weil ich weiß, dass du zwei Drittel deines Lebens gelebt hast. Das ist kein schöner Gedanke."
sid: "Wenn Sie könnten, würden Sie gerne die Zeit anhalten?"
Assauer: "Ja, ich würde gern bei 59 oder 60 Jahren stehen bleiben. Wenn es eine Pille geben würde, oder irgendetwas anderes, würde ich das nutzen. So fit zu sein wie jetzt, noch weiter Fußball spielen zu können. Das wäre ein Traum. Aber man weiß ja nicht was kommt."
sid: "Sie haben also großen Respekt vor dem Alter?"
Assauer: "Nein, ich habe ein bisschen Angst vor dem Altwerden. Ich habe Angst vor Krankheiten. Ich habe Angst davor, dass ich mit 70, falls ich dieses Alter überhaupt erreiche, tüdelig durch die Gegend laufe und ich nicht mehr weiß, was ich tue."
sid: "Was haben Sie sich als Jugendlicher vorgestellt, was sie mit 60 Jahren einmal machen werden. Haben sich Ihre Vorstellungen bestätigt?"
Assauer: "Ich sage ganz offen, ich bin in einer Generation im Ruhrpott groß geworden, wo die Bergleute mit 62 oder 63 Jahren wegen des Steinstaubs und der Staublunge schon richtig alt wurden. Auch mein Vater hat nur das 64. Lebensjahr erreicht. Jetzt stelle ich mir die Frage: Assauer, wo bist du jetzt schon angelangt?"
sid: "Fast ein Drittel Ihres Lebens - rund 17 Jahre - haben Sie als Manager von Schalke 04 gearbeitet. Was bedeutet Schalke für Sie persönlich?"
Assauer: "Das ist mein Zuhause, meine Heimat. Ich bin ja nicht weit entfernt, in Herten aufgewachsen. Von daher hatte ich schon immer eine große Nähe zum Verein. Ein Problem ist, dass viele Leute mir ankreiden, dass ich nie für Schalke gespielt habe. Das war aber nicht mein Fehler, sondern es lag an den Verantwortlichen."
sid: "Was ist Ihnen besonders in den 60 Jahren in Erinnerung geblieben?"
Assauer: "Da denke ich erst einmal an das Schlechte. An eine Person, die mir viel Schaden zugefügt hat. Das war der Professor Dr. Fenne, der es geschafft hat, dass ich hier als Manager mit Schimpf und Schande herausgeschmissen wurde. Das war der schwärzeste Punkt."
sid: "Aber es gab sicher auch positive Erlebnisse?"
Assauer: "Sehr viele. In meiner ersten Amtszeit sind wir erst abgestiegen und gleich wieder aufgestiegen, dann wieder abgestiegen und wieder aufgestiegen. Das waren schon bewegende Zeiten, das hat schon Spaß gemacht. In der zweiten Amtsperiode mussten wir dann noch mehr die Ärmel hochkrempeln. Der Verein hat 1993 gerade so die Lizenz bekommen. Das war schon ganz wichtig, weil es viele Probleme gab im Verein. Da wurde gegen Auflagen verstoßen, und der damalige Präsident Günter Eichberg hatte mir auch nicht die ganze Wahrheit gesagt."
sid: "Die Entwicklung von Schalke 04 ging dann sehr rasant vonstatten. Der Uefa-Cup-Triumph 1997, ein neues Trainingsgelände, die Arena AufSchalke. War das problematisch für den Verein?"
Assauer: "Die Arena würde ich immer noch eintauschen gegen drei deutsche Meisterschaften. Das Problem ist, dass wir vielleicht alles zu schnell gemacht haben. Das Gelände, das Stadion."
sid: "Und dabei etwas vernachlässigt?"
Assauer: "Wir haben das Kerngeschäft zwar auch ernst genommen und alles versucht. Aber man hätte das ganze langsamer angehen und die ganze Geschichte ruhiger aufbauen können. Ich würde heute nicht mehr mit 150 durch die Stadt fahren, sondern nur noch mit 70 oder 80 Stundenkilometer."
sid: "Wie würden Sie Ihre eigene Amtszeit charakterisieren?"
Assauer: "Es ist so, dass alles, was auf Schalke passiert, ob positiv oder negativ, auf mich fokussiert wird. Das gefällt mir nicht. Wir sind ein großes Team hier. Es hängt hier nicht alles am Assauer. Das sollen die Leute wissen."
sid: "Was wünschen Sie sich ganz persönlich für ihre Zukunft?"
Assauer: "Gesundheit. Das ist ganz wichtig. Und ich werde noch deutscher Meister. Ich kann nicht in die Glaskugel schauen. Aber ich weiß, dass ich irgendwann die Schale in der Hand habe. Das wird nicht mehr allzu lange dauern."