Sunday Oliseh ist abgetaucht. In Belgien ist er nicht zu erreichen, meist ist sein Handy aus. Nach seinem Ausraster am vergangenen Samstag, als er vorsätzlich in der Kabine mit einem gezielten Kopfstoß Vahid Hashemian das Nasenbein brach, ist es unmöglich, ihn zu erreichen. Seine letzten Worte: "Laßt mir ein paar Tage Zeit, dann werde ich alles erklären." Über den Ablauf des Wortgefechts gibt es die unterschiedlichsten Gerüchte. Inzwischen hat sich der gebürtige Nigerianer schon zwei Mal bei Vahid Hashemian entschuldigt. Er soll sogar angeboten haben, ohne Gehalt beim VfL bis zum Saisonende weiter zu spielen.
Doch der ungeheuerliche Vorgang ist nicht mehr zu kitten. Auch wenn Vahid Hashemian sagt: "Es war nicht meine Entscheidung, ihn zu suspendieren. Ich akzeptiere seine Entschuldigung, hätte auch weiter mit ihm gespielt." Sunday Oliseh wird das ganze Ausmaß seiner Tat wohl nun mehr und mehr bewusst. Denn nach der Kündigung in Bochum wird auch Borussia Dortmund, wo er noch bis zum 30.6.2005 unter Vertrag steht, registriert haben, dass Oliseh gegen jede Ehtik im Fußball verstoßen hat. Was juristisch bedeutet: Auch in Dortmund werden sie ihn feuern. Schließlich bestreitet der BVB den Löwenanteil des auf 1,8 Millionen Euro geschätzten Gehaltes des Mittelfeldspielers.
Auch wenn die sportliche Tür von Peter Neururer zugestoßen wurde - "Eine Rückkehr ins VfL-Team kann es nicht geben" -, ist der Coach doch bereit, ein Gespräch mit dem Nigerianer zu suchen. Neururer: "Wenn die Zeit ein wenig vergangen ist, wird es sicherlich dazu noch Gelegenheit geben." Inzwischen sickerte durch, dass Sunday Oliseh in der letzten Woche unter seelischem Stress stand. Sein Bruder soll beim französischen Drittligisten Foot 38 Grenoble auf dem Platz mit Herzproblemen zusammengebrochen sein. Vielleicht eine Erklärung, aber gewiss keine Entschuldigung für die Tat am Tag darauf in der Bochumer Kabine.
Mit Sunday Oliseh hat jetzt der VfL einen Perfektionisten bei Standards verloren. Ein herber Verlust, eine Schwächung bis zum Saisonende. Aber dass die Neururer-Truppe deswegen einen Knacks bekommt, ist nicht zwingend. Da die Entscheidung der Vereinsführung vom gesamten Kader getragen wurde, ist eher sogar eine Trotzreaktion möglich. Getreu dem Motto: Jetzt erst recht!